Montag, 1. Juli 2019

Hampden HGML und Co. (1992, 2007, 2010)

Es geht hier sommerlich mit Jamaika weiter. Und zwar mit einer meiner Lieblings-Destillerien. Hampden! Den neuen 2010er HGML von Habitation Velier habe ich zum Anlass genommen ein paar neue und alte Bekannte erneut "für den Blog" zu probieren. Dieses Opfer ist mir nicht allzu schwer gefallen ;-)
Hampden HGML 9 Jahre 2010/2019
Habitation Velier, 62%,
Beginnen möchte ich mit der aktuellen Habitation-Velier-Abfüllung mit einem Estergehalt von 769 gr/hlpa und dem Mark HGML.
NASE: Es dominieren zuerst Lösungsmittel und etwas Marzipan. Nach etwas Lüften mit ein paar wenigen Tropfen Wasser wird die Marzipannote stärker. Auch übereife tropische Früchte wie die berühmte Ananas fahren hoch. Die 9 Jahre tropische Reifung hinterlassen auf jeden Fall ihre Spuren mit Vanille, Karamell und einer schönen leicht würzigen Tiefe. Auch Aromen von frischen warmen Backwaren wie Croissants o.ä. gesellen sich dazu. Insgesamt hat die Nase einen sehr warmen und tiefen Charakter.

GAUMEN: Schwer, ölig und cremig. Lösungsmittel gepaart mit den süßen überreifen gebackenen Früchten, dazu eine etwas bitter werdende Eichenwürze.

ABGANG: Beginnt mit einem ordentlichen Schub von Pastel de Nata (Blätterteigtörtchen gefüllt mit cremigem Vanillepudding). Dann kommt die Eiche immer stärker durch. Es wird trockender, bitterer und würziger.

KOMMENTAR: Ein richtig toller Hampden! Der beste aus der Habitation-Velier-Reihe. Aber ich greife vor...
93/100
Hampden LROK 6 Jahre 2010/2016
Habitation Velier, 67%,
Der Estergehalt liegt hier "nur" bei 375 gr/hlpa. Im direkten Vergleich zum HGML fällt der LROK doch deutlich zurück.
NASE: Merklich jünger und frischer. Etwas Lösungsmittel gepaart mit Ananas- und Zitronensaft. Etwas von Vanille, Karamell, Puderzucker und Marzipan im Hintergrund.

GAUMEN: Hier gehts gleich stürmisch los. Die Aromen der Nase finden sich hier wieder. Hier merkt man auch wieder die sogenannte Jugend durch leicht bittere, "grüne Holzigkeit". Das Mundgefühl ist deutlich weniger cremig wie man es von älteren Hampdens kennt.

ABGANG: Tendiert zum leicht bitteren und ist nicht sonderlich lang.

KOMMENTAR: Es bleibt ein toller Rum, aber irgendwie hatte ich ihn aufregender in Erinnerung (Das war "damals" mein erster richtiger Hampden).
84/100
Hampden HLCF 6 Jahre 2010/2016
Habitation Velier, 68,5%,
Der Estergehalt liegt bei 550 gr/hlpa. Im Wesentlichen ist das der einzige Unterschied zum LROK.
NASE: Und man merkt es auch gleich. In der Nase viel mehr Lösungsmittel. Der frische Ananas- und Zitronensaft vom LROK hat sich hier zu den eher typischen vergorenen Ananas und Mangos gewandelt. Durch das "Vergorene" und eine wieder stärkere Marzipannote ist die Nase wieder "wärmer" und tiefer.

GAUMEN: Cremig, ölig und süß mit vergorener und gebackender Ananas, Karamell, Vanille und Marzipan. Lösungsmittel natürlich auch. Sehr lecker! Das Jugendhafte ist hier zwar auch zu spüren, wird aber, wie ich finde, durch den höheren Estergehalt verdeckt. Ähnlich wie bei jungen, stark rauchigen Islay-Whiskies.

ABGANG: Hier gefällt mir der Abgang schon besser. Cremig, süß, leicht würzig. Durch die vielen Ester auch ziemlich lang.

KOMMENTAR: Gefällt mir deutlich besser als der LROK.
88/100
Hampden HLCF 24 Jahre 1992/2016
Kill Devil, 62%,
Dieser Jahrgang sollte ein HLCF-Mark sein (s.o.). Während die Habitation-Velier-Abfüllungen (immer!) vollständig tropisch gereift sind, ist dieser hier von Kill Devil vermutlich 100% in Europa gereift. Dafür allerdings volle 24 Jahre!
NASE: Deutlich gesetzter, tiefer und reifer als der 2010er HLCF. Fast keine Lösungsmittel. Dafür das volle Programm gebackene tropische Früchte, Vanille und Karamell. Das Backwaren-artige vom HGML habe ich hier etwas weniger. Die Nase ist recht tief, sehr rund und mild.

GAUMEN: Sofort wieder cremig, voll, intensiv und süß-fruchtig mit etwas Lösungsmitteln. Die Süße ist fast schon einen Tick zu viel. Zum Glück ist bei Jamaika generell und dann auch noch bei Kill Devil ganz sicher nicht nachgesüßt worden! Für 62% gefährlich süffig. Die 24 jahre hinterlassen natürlich auch eine gute Portion Eichenwürze, die aber durch die (natürliche) Süße kein großes "Problem" darstellt.

ABGANG: Lang, zuerst cremig und süß und dann immer trockender werdend. Insgesamt sehr reif und süß. Die Ester scheinen sich etwas abgebaut zu haben bzw. durch die Eichenaromen überlagert zu werden.

KOMMENTAR: Wenn es nur nach den Hampden-Aromen gehen würde, würde ich ihm nicht diese hohe Punktzahl geben, weil er mir tendenziell etwas zu zahm ist. Aber als Rum im Ganzen betrachtet ist der schon echt richtig klasse!
90/100
Hampden 10 Jahre 2007/2017
Navy Island, 51,2%,
Dieser hier stammt aus dem 2007-Batch, das destilliert wurde, während Hampden "eigentlich" geschlossen war. Das Mark müsste C<>H sein, also ca. 1300gr Ester pro Hektoliter reinem Alkohol.
NASE: Gleich deutlich heftiger. Terpentin, Lösungsmittel, UHU, vergorene Ananas und Zitrone. Der Grundcharakter ist dennoch ganz in Hampden-Manier cremig-süß. Wie beim Kill Devil aus 2007 muss ich wieder sagen: Diesen Geruch kann man keinem so richtig verdeutlichen, der noch keinen High-Ester-Rum porbiert hat. Entweder man hasst sowas oder liebt es! So wie heftig rauchige Islay-Whiskies.

GAUMEN: Ich wiederhole mich wieder, ich weiss, aber das Mundgefühl ist cremig und süß mit allem aus der Nase. Die Verdünnung auf 51% wurde etwas zu niedrig gewählt. Da konnte der besagte Kill Devil mit 62% deutlich mehr punkten.

ABGANG: Der Abgang fällt dementsprechend auch deutlich ab. Die Ester bleiben natürlich noch sehr lange im Mund hängen, aber der "eigentliche" Rum ist recht schnell verflogen. Am Ende kommt sogar noch eine leichte Bitterkeit hoch.

85/100
Mein persöhnlicher Favorit des heutigen Posts war der 9-jährige HGML. Hier trifft Hampden-Brachialität auf schöne Reife. Ich bin schon gespannt, wenn vielleicht nächstes Jahr ein 10-jähriger, tropisch gereifter, Hampden erscheint. Der 24-jährige von Kill Devil ist schon fast als "Dessert-Hampden" einzuordnen. Das süße und cremige Mundgefühl, was die meisten Hampdens haben, wurde hier nochmal auf die Spitze getrieben.