Dienstag, 26. Mai 2020

Einige aktuelle Hampdens (GH, SC HLCF/DOK, RA83, RA98, TRC01, RoW12)

Mein letzter Hampden-Post ist schon wieder ein knappes Jahr her. Die Samples, die sich nach und nach angesammelt haben, haben nicht so richtig in ein Konzept gepasst wie etwa gleicher Jahrgang/Mark oder etwas in der Art. Da es jetzt aber 6 verschiede Abfüllungen sind, war es also mal wieder höchste Zeit auf diesem kleinen Blog etwas zu dieser tollen Destillerie zu schreiben.
Heute haben wir es deshalb mit einem wilden Mix aus verschiedenen Jahrgängen (1983, 1998, 2001, 2010, 2012, 2016) und Marks (OWH, HLCF, HGML, C<>H, DOK) zu tun. Legen wir einfach los...
Hampden Great House
Velier, 59%,
Diese Abfüllung soll es eigentlich nur in der Destillerie zu kaufen geben und bei ausgewählten Rum-Messen so wie ich das verstanden habe. In Online-Shops ist sie aber immernoch verfügbar. Mal sehen wie sich diese Abfüllung entwickelt. Vermählt wurden hier 80% Rums des Marks OWH aus 2012 und 20% des Marks <>H aus 2016. Ob das folgende Zahlenspiel Sinn macht oder nicht...es ergibt sich ein gemitteltes Alter von ca. 6 Jahren mit einem Estergehalt von ca. 350 gr/hlpa, was einem LROK entsprechen würde.
NASE: Die Hampden-DNA springt einem sofort aus dem Glas an. Zwar nicht mit gewohnter Fülle, aber dennoch ist alles vorhanden, was einen schönen Hampden so ausmacht. Gegrillte, überreife Ananas und andere tropische Früchte, Lösungsmittel, Marzipan, Vanille und süße Gebäcknoten. Irgendetwas erinnert mich hier auch an Pflaumenschnaps. Was Hampden-DNA angeht, spielt der "Great House" auf jeden Fall in einer anderen Liga als der "Hampden Estate Overproof". Die Nase gefällt mir sehr gut!

GAUMEN: Hampden-Cremigkeit. Sehr schönes, öliges und eben cremiges Mundgefühl. Lösungsmittel und Ananas dominieren. Dazu Vanille, Anis und andere helle Gewürze.

ABGANG: Süß, fruchtig und würzig mit Ananas und Anis. Mittel-lang.

KOMMENTAR: Ein richtig schöner Rum, der ein gelungener Kompromiss aus High-Ester-Power und geschmeidigen, gemütlich Genuss ist. Schlägt den Overproof um Längen meiner Meinung nach.
89/100
Hampden Single Cask
2010 HLCF/DOK 9 Jahre
Velier, 61%, "The One and Only"
Seit 2019 hat Velier einige Einzelfässer für verschiedene Rum-Messen mit unterschiedlichen Marks und Altern herausgebracht. Ein Paradies für Sammler und ein Graus für "Trinker", denn Verfügbarkeit und Preis sind eher schlecht. Dieses Fass hier wurde mit Destillaten der Marks HLCF und DOK befüllt, was wohl Premiere und ein Einzelfall ist und war.
NASE: Die 9 Jahre tropische Reifung merkt man ihm sofort an. Da ist diese starke Vanille, Toffee, Nuss (Walnüsse, Mandeln) und Gebäcknote, die für 9 kalte, europäische Jahre vollkommen ungewöhnlich wäre. Was mir bei den Estern auffällt, ist eine etwas weniger ausgeprägte Fruchtigkeit von den typischen vergorenen tropischen Früchten. Ich nehme hier an Frucht mehr Rosinen wahr. Klebstoff- und andere Lösungsmittel sowie Möbelpolitur sind sehr dominant. Der Mix aus warmen, dunklem Toffee und den Lösungsmitteln ist im wahrsten Sinne benebelnd und hypnotisierend. Sehr intensiv und schön, aber nicht sonderlich komplex.

GAUMEN: Kräftig, cremig und süß. Hier bekomme ich wieder etwas mehr Fruchtigkeit, die in Richtung Mango geht. Dazu Toffee und natürlich haufenweise Lösungsmittel aller Art.

ABGANG: Lang, süß und cremig. Lösungsmittel, Toffee, Walnüsse und Mangos. Keine unangenheme Astringenz oder Säure. Ein super geschmeidiges und ausfüllendes Mund- und Rachengefühl.

KOMMENTAR: Mhhhh der hat mir richtig gut gefallen! Besonders am Gaumen und im Abgang ist der himmlisch.
92/100
Hampden 2012/2019 OWH
Rum of the World, 58,2%, Kirsch Whisky und Eye for Spirits
NASE: Definitiv kein typisches Hampden-Ester-Monster. Man erkennt zwar noch die typische überreife Hampden-Ananas und die Lösungsmittel, aber eben ganz schön im Hintergrund. Dazu dunkle Pflaumenmarmelade. Durch die 3 Jahre tropische Reifung hat der Rum anscheinend ordentlich Fass abbekommen. Vanille, Karamell und Gebäcknoten. Die Nase gleicht hier dem "Hampden Estate Overproof" schon mehr. Allerdings hat letzterer deutlich mehr Lösungsmittel. Prinzipiell ist an der Nase überhaupt nichts auszusetzen. Sie ist angenehm und rummig. Es ist halt einfach nicht das, was ich haben will, wenn ich Bock auf Hampden habe.

GAUMEN: Hier geht es mit den gleichen Eindrücken weiter wie in der Nase. Die Hampden-Noten sind hier etwas deutlicher. Sehr kräftiges und leicht brennendes Mundgefühl. Die Cremigkeit, die ich sonst bei Hampdens mit mehr Estern habe, ist hier deutlich weniger ausgeprägt.

ABGANG: Eher weniger spektkulär. Ein paar Gewürze wie Anis und dazu dezent Ananas und Rosinen. Hintenraus trocken-werdend und mittel-lang maximal.

KOMMENTAR: Ich denke der neue "Hampden Estate mit 46% und 8 Jahren", der auch nur das Mark OWH haben soll, könnte dem hier sehr ähnlich werden, was echt schade wäre. Denn das was Hampden - für mich und viele andere - ausmacht, sind eben die typischen Esternoten. Im direkten Vergleich zum "alten" Overproof hat der Rum of the World den Kürzeren gezogen.
83/100
Hampden
2001/2019 18 Jahre <>H
The Rum Cask, 61,2%,
Legendär waren die 13 Minuten, die diese Abfüllung bei "The Rum Cask" im Online-Shop im Dezember 2019 durchgehalten hat. Der Estergehalt des Marks <>H liegt bei ca. 900-1000 gr/hlpa.
NASE: Was im Vergleich zum 2010er Velier-Single-Cask sofort auffällt, ist ein nahezu komplett anderer Grundcharakter. Dieser hier ist eher hell und säuerlich-fruchtig. Vergorene Ananas, Zitronen, Lösungsmittel, leicht grasige Elemente sogar, die mich entfernt an einen jungen Agricole oder Cachaca denken lassen. Fasseinflüsse sind beim Riechen sehr dezent im Hintergrund mit zarter Vanille und einer gewissen "Rundheit".

GAUMEN: Heftiger Antritt, dann setzt die gewohnte Cremigkeit und Süße ein. Eine Gelee-artige Süße von tropischen Früchten - überreif versteht sich - eingelegt in Lösungsmitteln ergießt sich im ganzen Mundraum. Die Säure aus der Nase ist deutlich weniger am Gaumen präsent.

ABGANG: Lang und seidig mit angenehmen Lösungsmitteln und süß-saurer Ananas. Dazu ein paar helle Gewürze wie Anis.

KOMMENTAR: Ein schöner und leckerer Rum, der aber durchaus etwas jugendhaft für seine 18 Jahre ist im Vergleich zu seinen älteren Brüdern und auch zum 9-jährigen, der auf Jamaika lagerte.
90/100
Hampden 1998/2020 21 Jahre HLCF
Rum Artesanal, 65,9%,
Hier haben wir es nach dem RA Enmore 1994 mit dem nächsten RA-Hype-Bottling zu tun. "Hype" ist hier nicht böse gemeint. Es war einfach mal wieder eine Online-Schlacht um die wenigen Flaschen, bei dir ich die Flasche in 2 Shop bereits im Warenkorb hatte, aber dann während es Bezahlvorgangs ein anderer schneller war. Dieses Mal bin ich leider leer ausgegangen, aber ein netter Rum-Freund hat mir freundlicherweise 5cl von seinem Flaschenanteil abgegeben. Vielen Dank dafür! Kleine Anekdote zu dem Rum: Aus Logistischen Gründen durfte dieser Rum für ca. 2 Wochen in dem besagten Enmore-Fass zwischenlagern. Mal sehen, ob man davon was merkt...
Zum Vergleichen schenke ich mir hier den 24-jährigen Kill Devil 1992/2016, ebensfall in Fassstärke und dem Mark HLCF ein, von dem ich noch knappe 2cl Samplerest aufgehoben habe.
NASE: Mmmhhhh schöner Mix aus gesetztem Alter und Ester. Mit dem Mark HLCF liegen wir hier bereits im gehobenen Estergehalt von 500-700 gr/hlpa, was definitiv zu spüren ist mit den üblichen Lösungsmitteln und überreifen tropischen Früchten wie etwa Ananas. Auch eine gute Portion Zitrussäure schwingt mit, aber absolut im angenehmen Bereich. Und dann ist da das Fass, das nach 21 Jahren den Rum beruhigt hat und Vanille und Karamell spendiert hat. Eine sehr sehr tolle Nase! Im Vergleich zum Kill Devil habe ich hier mehr Ester-Power. Die Nase hat etwas mehr Ecken und Kanten zu bieten als beim sehr runden Kill Devil.

GAUMEN: Das können nur wenige ohne Zuckerzugabe. Hampden zählt dazu: Obwohl wir hier fast 66% haben, ist der Rum cremig und süß und brennt alkoholisch überhaupt nicht. Es ist so als würde man in ein Vanille-Marzipan-Croissant mit Ananas, Benzin und Lösungsmitteln beissen. Herrlich!

ABGANG: So als würde man besagtes Croissant runterschlucken ;-) Marzipan, Lösungsmittel, Backwaren, Frucht und eine leichte Bitterkeit.

KOMMENTAR: Eine sehr gelungene Abfüllung, die wieder mal zeigt, dass Rum Artesanal in letzter Zeit ein echtes Händchen hat und dass Hampden nicht umsonst den Ruf hat eine geile Destillerie zu sein. Vom Enmore-REV-"Finish" hatte ich jetzt nichts gemerkt. Am Ende hat die RA-Abfüllung die Nase vorn bei mir im Vergliech zum Kill Devil, da letzterer mir dann doch zu weich und cremig war. Hier beim RA hab ich eben noch genug Hampden-Ester, trotzdem fehlt das Alter aber nicht.
92/100
Hampden 1983/2019
35 Jahre HGML
Rum Artesanal, 58,9%,
Der Jahrgang 1983 ist anscheinend der älteste, von dem es aktuell noch Fässer gab oder auch noch gibt. Das Mark, welches in diesem Jahr produziert wurde ist HGML (1000-1100 gr Ester/hlpa). Bei HGML dürften bei den meisten Lesern hier die Glocken läuten. Ja, da gab es 2019 einen richtig tollen 9-jährigen Hampden von Habitation Velier. Den werde ich mir als Vergleich ranziehen. 35 Jahre europäische Reifung vs. 9 Jahre tropische....
NASE: Selbst nach 35 Jahren springt einen die Hampden-DNA aus dem Glas an. Wahnsinn! Das muss ein Destillat erstmal schaffen. Auch wenn ich mich hier extrem wiederhole: Stiltypische Lösungsmittel, Benzin, vergorene Ananas und andere tropische Früchte, etwas Zitrus und Marzipan. Dazu bekomme ich noch eine etwas würzige, leicht gemüsige Note. Untermalt wird das ganze mit cremig-sahniger Vanille und einer generellen Tiefe und Reife aus dem Fass. Ich nehme mal an, dass das Fass ein refill-refill-Fass gewesen sein muss, denn es ist nicht dominant. Ich Vergleich dazu ist der 2010er HGML deutlich extremer. Mehr Vanille, Toffee und Marzipan (durch die extremeren Reifebedingungen auf Jamaika) und mehr Lösungsmittel. Dafür aber auch etwas weniger saure Frucht. Beide Bouquets sind richtig toll, aber der 2010er liegt in meinen Augen (oder eher Nase) ein Stück weiter vorn.

GAUMEN: Zu Beginn prickelnd und säurebetont. Dann wird es zunehmend cremiger und süßer. Das Fass hält sich bis auf das Prickeln und einer leichten Würze auch eher im Hintergrund. Alles sehr geschmeidig und gediegen. Der 2010 ist im Vergleich wieder stürmischer und hat seinen Schwerpunkt eher auf der Möbelpolitur-/Lösungsmittel-Seite. Knapper Punktsieg für den 1983er.

ABGANG: Wie so oft, gesellt sich hier Anis mit dazu und alle Aromen verabschieden sich auf mittel-lange Strecke. Eher unspektakulär. Beim 2010er gefällt mir der Abgang deutlich besser mit viel Toffee, Gebäck, tropischen Früchten und Vanillepudding.

KOMMENTAR: Der 1983er ist ein schöner und echt leckerer Rum. Keine Frage. Aber blind hätte ich den nicht auf 35 Jahre geschätzt. Der Eindruck von Alter kam nicht so richtig rüber. Klar, kein junger Hüpfer, aber 20 oder 21 Jahre hätte ich auch sofort geglaubt (siehe den 1998er von RA oben). Den 2010er fand ich da im direkten Vergleich besser.
92/100
Puh, das waren viele Lösungsmittel und Ananas in den letzten Tagen. Das nächste Mal werde ich versuchen Hampden-Samples in kleineren Posts zu verpacken. Das hier hat schon fast an "Arbeit" gegrenzt ;-)

Samstag, 16. Mai 2020

American Whiskey - Teil 4 (Rye)

Heute geht es wieder in die USA. Diesmal gibt es aber ausschließlich Rye Whiskey.

Donnerstag, 7. Mai 2020

Velier Caroni 1994 23 Jahre HP vs. FP


Es geht weiter mit dem Caroni-Jahrgang 1994. Wie angekündigt nehme ich mir heute die 2017 erschienenen 23-jährigen Abfüllungen in High- und Full-Proof vor. Die Full-Proof-Variante ist unter Sammlern beliebt, da es davon nur 600 Flaschen gibt, die auch noch mundgeblasen sind. Dementsprechend sind auch die Preise sehr schnell in die Höhe geschossen, was ihn für "Trinker" eher unattraktiv werden lässt. Der High-Proof mit dem gelben Design, von dem es 3200 Flaschen gab, erlebt ein Auf- und Ab der Gefühle. Generell eher ein wenig das ungeliebte Kind, aber es gibt auch immer wieder Befürworter, wie etwa unser guter Florian von BAT, die versuchen dieser Abfüllung wieder etwas mehr Wertschätzung entgegen zu bringen.
Caroni 23 Jahre
High-Proof
1994/2017

Velier, 57,18%, "Gelb"
NASE: Ein sehr dunkles, schweres, intensives und "altes" Bouquet empfängt mich. Viel Eiche mit ätherischen Ölen von Menthol und anderen Hustenmedikamenten, verbranntes Karamell, dunkle Schokolade, Leder/Tabak, Mangos, Orangenschalen und etwas Teer und Gummi im Hintergrund. Der könnte einem in einem Blindtasting als Caroni glatt durch die Lappen gehen, da die stiltypischen Elemente sehr stark durch die Tannine in den Hintergrund gedrängt wurden. "Dennoch" ist die Nase richtig gediegen und schön! (Mit Tendenz in Richtung zu viel Eiche - für mein persönliches Empfinden)

GAUMEN: Sehr kraftvoll und würzig. Leicht britzlend auf der Zunge. Es beginnt mit einer guten Ladung verbranntem Karamell und Gummi und dann braust eine starke Bitterkeit mit viel Menthol- und Hustenmedikament-Assoziationen heran, die sich in den Abgang hinein ausbreitet.

ABGANG: Tannine satt. Das geht mir hier schon stellenweise echt deutlich zu weit mit der Eiche. Viel Bitterkeit und Menthol. Hintenraus kommt aber nochmal eine schöne matschige-braune-Bananen-Note zum Vorschein.

KOMMENTAR: Durch die sehr präsenten Tannine (gerade beim Trinken) gehört diese Abfüllung ganz sicher nicht zu meinen Lieblings-Caronis, aber von nicht-gut oder untrinkbar ist der ganz weit entfernt. Die Nase allein ist bei mir im 93-95 Punkte-Bereich, aber davon muss ich leider ein paar Punkte abziehen aus besagten Gründen.
91/100
Caroni 23 Jahre
Full-Proof
1994/2017

Velier, 59%, "Orange"
NASE: Sehr ähnlich im Grundcharakter, was nicht sonderlich überraschend ist bei fast identischen Rahmendaten. Wobei es aber doch wahrnehmbare Unterschiede für mich gibt. Dieser hier ist ein stückweit dunkler mit mehr Kakao, Kaffee, Leder und Tabak. Gleichzeitig sind in die ätherischen Öle, Gummi/Teer und die fruchtigen Elemente schwächer ausgeprägt. Die Fruchtigkeit ist eher zu einer Trockenfrucht-Fruchtigkeit geworden. Für mich liegen Wertungs-mäßig aber beide Nasen gleichauf.

GAUMEN: Insgesamt öliger und cremiger als sein High-Proof-Bruder. Es britzelt deutlich weniger auf der Zunge, obwohl er einen Tick mehr Alkohol hat. Ansonsten dominiert hier selbstverständlich auch das Fass mit viel Eiche, Kaffee und Leder. Dazu Trockenfrüchte, die eine gewisse Süße reinbringen, wobei Süße hier im Kontext zu sehen ist.

ABGANG: Sehr trocken. Espresso, Leder und Lakritz. Die Hustenmedikament-Assoziationen habe ich hier weniger. Hintenraus kommt aber wieder die braune Banane vorbeigeschaut.

KOMMENTAR: Ich gebe hier einen Punkt weniger, da der Abgang schon echt heftig trocken und bitter ist.
90/100
2-3 Jahre weniger in den Fässern, also 2014/2015 abgefüllt mit 20 oder 21 Jahren wären die vermutlich auf den Punkt gewesen. So sind sie - für mich - schon deutlich über ihrer Zeit, aber trotzdem muss ich es nochmal erwähnen: Die Bouquets sind sehr edel!

Freitag, 1. Mai 2020

Velier Caroni 1994 (17 Jahre HP und 18 Jahre FP)


Es geht für mich weiter in Caroni-Geschichte. Nachdem ich mich viel mit dem Jahrgang 1996 beschäftigt habe, geht es jetzt weiter mit 1994. Von Velier gibt es 6 reguläre Releases, von anderen Abfüllern soll es ein paar wenige geben, ich habe aber nichts weiteres dazu gefunden. Schaut man sich die Velier-Releases an, fällt das Problem auf mit dem Caroni-Nachzügler wie ich zu kämpfen haben:

- 1994/2011 17 Jahre High-Proof (Strohhut)
- 1994/2011 17 Jahre Full-Proof (Feldarbeiter)
- 1994/2012 18 Jahre High-Proof (Hangar)
- 1994/2012 18 Jahre Full-Proof (Hangar)
- 1994/2017 23 Jahre High-Proof (gelb)
- 1994/2017 23 Jahre Full-Proof (orange).

Die meisten Abfüllungen liegen schon viele Jahre zurück und dementsprechend sind die Preise und die Verfügbarkeiten. Der 17-jährige Full-Proof liegt mittlerweile bei mehr als 1000€, wenn man denn überhaupt an eine solche Flasche käme. Meine sehr gut aufgestellten Caroni-Sample-Quellen konnten mir bei diesem auch nicht weiterhelfen. Meine Erkundung des Jahrgangs 1994 wird sich demnach nur in 2 Posts aufteilen: Diesen hier mit 2 "jüngeren" Abfüllungen und einen weiteren mit den beiden 23-jährigen (Gelb vs. Orange).
Caroni 17 Jahre
High-Proof
1994/2011
Velier, 52%, Strohhut
7142 Flaschen wurden 2011 abgefüllt zu einem Preis, der einem in heutigen Zeiten die Tränen in die Augen treibt. Es wird gemunkelt, dass man für ca. 60€ eine solche Flasche kaufen konnte. Heute liegt sie fast bei dem 10-fachen!
NASE: Eigentlich instant nach dem Eingießen (Sample stammt aus einer bereits geöffneten Flasche) präsentiert sich eine kräftige und tolle Caroni-Aromatik. Sehr deutlich wird das Bouquet von der typischen Gummi-Note angeführt gepaart mit Tankstellendüften, Teer und Möbelpolitur. An zweiter Stelle, aber nicht deutlich weniger kräftig, befindet sich die auch so typische Kombination aus ätherischen/medizinischen Ölen (Menthol, Piniennadeln, Orangenschale), "schweren" tropischen Früchten und Karamell. Eine wunderschöne, stiltypische Caroni-Nase.

GAUMEN: Die 52% sind immernoch (gerade so) kraftvoll genug, um ordentlich dreckigen Caroni-Zauber im Mund zu verbreiten. Gummi und Teer zusammen mit würzigen Elementen aus dem Eichenfass und einer minimalen fruchtigen Süße.

ABGANG: Es beginnt fruchtig-süß und damm kommen ordentlich Gummi und Gewürze. Es wird immer trockener im Mund. Der Abgang ist jetzt nicht super-lang. Da merkt man dann doch die Verdünnung recht deutlich. Was aber lange im Mund bleibt, ist eine schöne Gummi-Note.

KOMMENTAR: Ein Bilderbuch-Caroni! Möchte man auf hohem Niveau mäkeln, dann könnte man erwähnen, dass es ein wenig an Tiefe und Kraft durch die Verdünnung und dem etwas jungem Alter fehlt. Aber das möchte ich nicht ;-)
94/100
Caroni 18 Jahre
Full-Proof
1994/2012
Velier, 62,59%, Hangar
Hiervon gab es lediglich nur 2633 Flaschen, während der Preis damals vermutlich auch deutlich unter 100€ war.
NASE: Wie für (Caroni)-Fassstärken üblich, ist die Nase erstmal relativ verschlossen. Ich lasse ihm eine Stunde unter dem Aromadeckel, um sich zu öffnen. Obwohl nur 1 Jahr älter als der "Strohhut" wirkt die Nase deutlich gesetzter und älter. Ich will nicht sagen, dass der 17-jährige "Strohhut" jung wirkt, aber hier beim 18-jährigen spielt das Fass eine deutlich größere Rolle. Die dreckigen Komponenten (Gummi, Teer usw.) sind zwar noch deutlich zu erkennen, aber merklich im Hintergrund. Ich habe viel Nüsse, Gewürze wie Nelken und Anis, Kaffe und Kako, Karamell und Vanille und Orangenschale. Insgesamt deutlich dunkler und tiefer im Grundcharakter. Eine herrliche Nase! Das ist Rum in der absoluten Oberliga!

GAUMEN: Die 62% sind spürbar. Aber nicht durch Brennen, sondern durch Kraft und Aromenfülle. Ölig und süß verteilt er sich im Mundraum. Hier wird alles aufgefahren, was man von einem tropisch gereiften Caroni erwartet. Gummi, Motoröl, Teer und Eichenwürze. Auch hier wieder eine gute Spur reifer und älter wirkend als der Vorgänger, was erstmal nicht per se als "besser" zu werten ist.

ABGANG: Gewürze und eine schöne Süße zu Beginn, dann wieder trockener werdend mit ordentlich Gummi und Teer, der sehr sehr lange nachhallt.

KOMMENTAR: Mega! Da bleibt mir nicht viel mehr zu sagen. Glücklich sind die, die sich damals hiervon den Keller vollgestellt haben, als er noch verfügbar und billig war.
95/100
Es ist schier surreal, dass man so unfassbare Rums damals quasi hinterhergeworfen bekam. Und diese beiden sind nur 2 Beispiele. Man hätte sich damals (gerade bis 2012) für "nur" ein paar tausend Euro mit Velier-Caronis im absoluten High-End-Bereich für sein gesamtes Leben eindecken können. Es sind zwar alles keine neuen Gedanken, aber ich komme einfach nicht darauf klar, dass diese Kaliber viele Jahre brauchten, um so richtig gefeiert zu werden. Auch zu dieser Zeit gab es doch reichlich Whisky-Freunde, die auf heftige, rauchige Islay-Malts abgefahren sind. Es ist ja auch nicht so, dass vor 10 Jahren nur Watermelon-Man getrunken wurde und Caroni einfach zu heftig war.