Sonntag, 24. Januar 2021

11x Port Mourant (Silver Seal 89, Velier 93, ...)

Heute geht es mal wieder nach Guyana. Dieses Mal mit einem großen Sammel-Post, der mehrere Tasting-Sessions zusammenfasst. Irgendwie konnte ich die Samples nicht durchgängig sinnvoll in mehrere Posts aufteilen. Von daher müsst ihr euch jetzt hier durch den langen Post durchkämpfen ;-)
Alle Rums des heutigen Posts wurden in der Double Wooden Pot Still von ehemals Port Mourant (dann ab 1955 bei Albion, dann ab 1968 bei Uitvlugt, dann ab 1999 bei Diamond) gebrannt. Die heutigen Abfüllungen stammen teilweise aus der Uitvlugt-Ära und teilweise aus der Diamond-Ära nach 1999/2000. Auch sind tropisch gereifte und solche, die in Europa ihre Reifezeit verbracht haben, dabei. Auf gehts...
Port Mourant 2008/2018 MPM GY
Whisky Broker, 60,1%,
NASE: Wie bei dem Alter zu erwarten war, ist der Charakter der Nase genauso Weißwein-hell wie der Rum selbst. Ich rieche viel Anis, grünes Holz, eher saure und unreife Früchte wie Zitrone, Äpfel und grüne Bananen. Das Bouquet ist sehr clean, irgendwo angenehm, aber nicht wirklich inspirierend. Aber Halt! Nach ca. 1 Stunde des Atmens kommt noch eine recht schöne Nougat- und Schokoladennote dazu, die mich hier ehrlich gesagt überrascht.

GAUMEN: Die 60% drücken zwar ordentlich auf der Zunge, sind aber meiner Meinung nach ganz okay eingebunden. Es macht sich schnell eine ölige, cremige Süße im Mundraum breit, die an Zuckersirup mit Anis und etwas grünen Bananen erinnert.

ABGANG: Es kommen leichte Bitternoten aus der Eiche dazu. Dazu wieder eine gewisse Süße, Anis und grüne Bananen.

KOMMENTAR: Am Ende ist es einer der vielen Abfüllungen, die es nicht wirklich gebraucht hätte, auch wenn sie ganz nett ist.
79/100
Port Mourant 2008 10 Jahre MPM
The Rum Cask, 53,6%, Sherry-Finish
NASE: Das Sherry-Finish macht sich direkt bemerkbar (wenn auch bei weitem nicht dominant) und integriert sich gut in die typischen Port-Mourant-Aromen. Vom Destillat und der Ex-Bourbon-Reifung bekomme ich Anis, nasses Holz (wie so oft bei Port Mourant), Nelken, Äpfel, helle Zitrusfrüchte und etwas Toffee. Dazu gesellen sich Aromen von Trockenfrüchten, Nüssen und etwas Leder, die ich dem Sherry-Finish zuordnen würde. Eine schöne Nase.

GAUMEN: Rund, cremig, ölig und süß. Es schmeckt genauso wie es riecht. Sehr viele Trockenfrüchte, Melassenoten mit Nelken und Lakritz und dazu ordentlich Toffee. Im Hintergrund dann Anis und Süßholz.

ABGANG: Der Abgang ist das unspektakulärste des Rums, der sich mit Trockenfrüchten und Melasse eher schnell als langsam verabschiedet.

KOMMENTAR: Eine schöne Kombination aus jungem Rum und Sherry. Echt empfehlenswert (falls man ihn überhaupt noch kaufen kann).
85/100
Port Mourant 2002/2020
Black Label Edition
The Whisky Mercenary, 51,7%,
NASE: Merklich reifer als seine jüngeren Kollegen. Saftige Früchte wie Aprikosen und Orangen bilden zusammen mit Marzipan und einer schönen harmonisch integrierten Anisnoten das Bouquet. Wie oft hat die Nase einen cremigen Charakter und gefällt mir.

GAUMEN: Ölig, cremig und fruchtig-süß. Die Eindrücke aus der Nase ziehen sich fort. Zusätzlich kommt noch eine etwas sonderbare Note dazu, die mich an Papier erinnert und mir hier nicht so wirklich gefällt.

ABGANG: Es geht weiter mit Bananen, Ananas, Anis und Fenchel. Und leider wieder dieses Papier. Hhmm schade.

KOMMENTAR: Solide und lecker, aber nicht spektakulär. Die Papiernote hat leider 1-2 Punkte gekostet.
84/100
Port Mourant 2003/2016
Silver Seal, 51%,
NASE: Die Nase hat einen sehr hellen Charakter. Viel Anis, Zitrusfrüchte und eine leicht cremige Joghurtnote. Das Bouquet ist angenehm und macht was her, trifft aber nicht so richtig meinen Geschmack, da die Anis- und Zitrusnote mir hier doch schon zu viel wird.

GAUMEN: Es geht solide und angenehm weiter mit Anis, einer schönen Cremigkeit, die wieder an Joghurt erinnert und einer süß-sauren Fruchtigkeit. Lecker.

ABGANG: Die Süße und Cremigkeit nimmt zu und das Ganze wird zu griechischem Joghurt mit Honig, etwas Zitrone und Anis.

KOMMENTAR: Ein leckerer Rum, der am Gaumen und Abgang nochmal aufholt (für mich). Insgesamt kein Aromenfeuerwerk, aber die Cremigkeit und Süße ist beim Trinken schon echt lecker und angenehm.
84/100
Port Mourant 2003/2017
Blackadder Raw Cask, 63%,
NASE: Anfangs schwebt da ein deutlicher Alkoholschleier über dem Rum, der teilweise sogar etwas muffig wirkt. Mit etwas Zeit und Wasser entspannt sich der Rum etwas und gibt Toffee, Nüsse und Milchschokolade frei. Die Früchte (hier Bananen und Rosinen) und Anisnote sind eher hintergründig. Ich habe hier keinerlei Ähnlichkeiten mit dem Silver Seal des gleichen Jahrganges (2003).

GAUMEN: Süß und intensiv mit Banane, Vanille und etwas Anis. Der Alkohol ist leider ziemlich präsent und überdeckt den Rest. Eine Verdünnung auf deutlich unnter 60% bringt zwar noch etas Milchschokolade hervor, der Alkoholstich bleibt aber dennoch. Was sich in der Nase schon angedeutet hat, ist hier leider schon sehr unangenehm geworden.

ABGANG: Zuerst cremig und süß, aber dann kommt der Alkohol wieder nach vorne udn brennt ordentlich im Mund und an den Lippen. Auch mit der Verdünnung.

KOMMENTAR: Das war nichts. Nicht zu empfehlen aus meiner Sicht.
74/100
Velier Port Mourant 1993/2006
Velier, 65%,
Einer der berühmten Velier Demerara Abfüllungen und zudem noch eine der "bezahlbaren" im Vergleich z.B. zu den 1970er Jahrgängen, die mittlerweile für mein Budget unerreichbar sind. Rum Tasting Notes App Link
NASE: Meine ersten Eindrücke ein paar Minuten nach dem Einschenken sind erstens: Viel Eiche für lediglich 13 Jahre. Die Fässer müssen ziemlich aktiv gewesen sein. Zweitens: Die 65% können sich nicht verstecken und liegen wie eine Schicht über dem Rum. Und drittens: Ich habe kein starkes Port-Mourant-Gefühl. Der Rum wirkt auf mich eher wie ein "Blended in the Barrel" mit großen Column-Anteil. Ich denke der braucht noch einiges an Zeit zum Atmen. Er wird mit der Zeit etwas zahmer, aber alle Eindrücke von oben bleiben bestehen. Ich rieche einiges an Klebstoffen (durchzogen von Alkoholdämpfen), Marzipan, Mandarinen, Orangen, Kokos und floralen Noten, die teilweise dann doch an Anis und derartiges erinnern. Bisher aber nichts, was mich sehr begeistert. Ein Tropfen Wasser tut der Nase aber auf jeden Fall gut.

GAUMEN: Die 65% sind hier besser eingebunden und brennen eigentlich überhaupt nicht. Die Anis-Note wird hier deutlicher und es ist zweifellos als Port Mourant zu erkennen. Dazu Mandarinen (aus der Dose größtenteils), Eichenwürze und etwas Toffee. Das Mundgefühl ist weich, cremig und generell angenehm mit einer zarten Süße. Auch hier hilft der Tropfen Wasser meiner Meinung nach.

ABGANG: Geprägt von Zitrusnoten, Eichenwürze und Anis.

KOMMENTAR: Zum Ausgabepreis von damals vermutlich weit unter 100€ ein sehr guter Rum, keine Frage. Die heutigen (Sammler-)Preise auf dem Privatmarkt von ca. 700€ und die generellen Erwartungen an Velier Demeraras kann dieser Rum aber nicht gerecht werden. Zumindest für mich und (was man so hört) auch einigen anderen.
86/100
Port Mourant 1997/2019
Silent Ambassador, 51,4%,
NASE: Schöne Kombination aus hellen, reifen Früchten und Gewürzen. Ich rieche saftige Aprikosen (teilweise erinnernd an süße Dosenaprikosen), Mandarinen und dazu 1-2 Rosinen. Dazu die typischen Gewürze wie Anis. Das Ganze wird abgerundet durch cremige Cashews und etwas zarte Vanille. Eine schöne, harmonische, aromatische und süß-cremige Nase. Man merkt ihm das gehobene Alter an ohne dass sehr viel Eiche mitschwingt.

GAUMEN: Kraftvoll, cremig, würzig, leicht fruchtig-süß und auch etwas salzig. Trifft 1:1 meine Erwartungen aus der Nase. Die 22 Jahre im Fass zeigen sich dann hier etwas deutlicher als noch in der Nase: Es ist würzig und leicht kribbelig im Mund.

ABGANG: Süßholz, Anis und ein cremig-süßes Mundgefühl prägen den Abgang. Der würzige, kribbelnde Effekt zieht sich weiterhin parallel zur Cremigkeit durch.

KOMMENTAR: Ein richtig schöner und ausgewogener Rum. Die Port-Mourant-Gene sind sofort zu erkennen und werden toll unterstützt durch eine schöne Reife.
89/100
Port Mourant 1997/2013
Banks Connoisseur's Cut, 59,58%, Whisky-Finish
NASE: Hier bekomme ich viel unreife, helle und saure Früchte (wie etwa sauren Apfel und Grapefruit), Anis, Klebstoff und feuchtes, grünes Holz. Im Hintergrund ist eine saure und salzige Note, die mich tatsächlich etwas an Gewürzgurken erinnert. Ist das das Whiskyfass? In dieser Disziplin hat er schonmal keine Chance gegen seine Vorgänger.

GAUMEN: Wir bewegen uns hier in der gleichen Aromenwelt wie in der Nase. Der Grundcharakter ist hell, sauer und salzig, was mir meistens nicht zusagt. So auch hier. Die sonderbare "Gewürzgurken-Note", die ich in der Nase hintergründig wahrgenommen habe, hat sich gewandelt und ist stärker geworden. Ich habe jetzt hier alte-nasse-Pappen-Gefühl (mit viel Salz). Nicht schön (für mich).

ABGANG: Es wird zuerst cremiger und süßer, dann aber wieder saurer und salziger mit einem kleinen Schärfe-Kick.

KOMMENTAR: Das ist einfach nicht meine Aromenwelt. Zudem habe ich ehrlich gesagt das Gefühl, dass diese Abfüllung auch einfach nicht sonderlich gut ist.
72/100
El Dorado Port Mourant 1997/2017
D.D.L., 57,9%,
Die einzige Alternative zu den tropischen Veliers ist die El Dorado Reihe von D.D.L., die in der Regel sehr gut ist, aber auch nicht gerade gepusht und gepflegt wird von D.D.L., was natürlich bei uns Rum-Nerds nicht gut ankommt. Warum diese Abfüllungen nur so sparsam released werden, dürfte einfach daran liegen, dass die meisten Fässer für die (gesüßten) El Dorado Blends (12er - 25er) weggehen. Ich kenne die Zahlen nicht, aber ich könnte mir vorstellen, dass D.D.L mit den Rare Cask Abfüllungen in großem Maßstab in Amerika und Europa mehr Geld verdienen könnte als mit den teilweise recht preiswerten Blends. Dazu ist aber ein Umdenken nötig. Rum Tasting Notes App Link
NASE: 20 Jahre Reifung in Guyana hinterlassen einfach ihre Spuren. Die Aromen, die mir hier entgegenkommen sind dunkel, schwer, süß und insgesamt einnehmend. Wie aber auch beim Velier 1993 ist die Anisnote kaum wahrnehmbar, was in dem Fall des El Dorados aber nicht am Jahrgang liegen wird, denn seine beiden Jahrgangskollegen haben definitiv einiges an Anis und ähnlichen Gewürzen. Wie auch beim besagten Velier habe ich ein "Blended in the Barrel"-Gefühl, was nichts negatives zu bedeuten hat. Ich rieche hauptsächlich viel Kokos, Toffee, Kakao, Kaffee, Zimt, Nelken, Rosinen und ein schöne Klebstoffnote. Alles eher Beschreibungen für ein Demerara-Column-Rum-Profil. Mir gefällt die Nase sehr gut auch wenn ich blind nicht auf Port Mourant gekommen wäre.

GAUMEN: Weiches, aber volles Mundgefühl. Karamell, Kokos, Milchkaffee, -schokolade... und Gewürze. Ja, Port Mourant kämpft sich hier wieder durch.

ABGANG: Anis/Laktritz, Süßholz, Kakao und Rosinen. Hier habe ich am deutlichsten das Gefühl, dass es sich um einen Port Mourant handelt.

KOMMENTAR: Der Rum gefällt mir richtig gut! Er ist zwar nicht der komplexeste und Leute, die einen Bilderbuch-Port-Mourant mit viel Anis suchen, werden sicherlich enttäuscht, aber die Aromenwelt und Intensität sprechen mich hier richtig an.
91/100
Port Mourant 1998/2017 Oloroso Finish
S.B.S, 62,4%,
NASE: Man merkt ihm den recht hohen Alkoholgehalt anfangs deutlich an mit einen spürbaren Alkoholdunst. Dazu leider eine wahrnehmbare Schwefelnote von den Sherryfässern. Kein schöner Start für mich. Ich lasse ihn ohne Glasdeckel weiter lüften... Es hilft etwas. Der Alkoholdunst ist weg, aber die Schwefelnote bleibt dennoch. Leider ist Schwefel für mich (fast) immer ein Deal-Breaker. Ich gebe ein paar Tropfen Wasser hinzu, da ich das Bouquet noch relativ verschlossen finde... Die Schwefelnote lenkt mich sehr ab und brauche eine gewisse Zeit des Riechens, um sie etwas ausblenden zu können. Die restlichen Aromen sind größtenteils von der dunklen Sorte: Melasse, Trockenobst (wieder sehr stark Pflaume) und Nüsse. Teile des Trockenobstes und der Nüsse stammen sicherlich vom ehemaligen Oloroso-Sherry. Dazu Klebstoffnoten/Lösungsmittel. Die Gewürze wie Anis und Fenchelsamen werden schon deutlich überdeckt, aber es ist zweifellos als Port Mourant zu erkennen. Eigentlich ein sehr schöner Mix, wäre da nicht der Schwefel.

GAUMEN: Die Sherrynoten sind deutlich zu spüren mit süßen Trockenfrüchten und Nüssen und leider wieder dieser pilzigen Schwefelnote. Das Mundgefühl als solches ist aber sehr angenehm. Cremig, weich und süß und dennoch intensiv.

ABGANG: Die Süße nimmt weiter zu. Kandierte Früchte, Dosenfrüchte mit Zuckerwasser. Und dazu Anis und Süßholz.

KOMMENTAR: Puh! Die Wertung fällt mir schwer ist mit Vorsicht zu genießen. Wenn ich die Schwefelnote nicht wahrnehmen würde, dann würde ich dem Rum vermutlich so ca. 85 Punkte geben. Aber ich nehme sie leider als für mich sehr störend wahr. Das Sherry-Finish hat, anders als beim 10-jährigen von The Rum Cask, hier für mich den Rum ruiniert.
78/100
Port Mourant 1989/2020
Silver Seal, 55,8%,
Hier haben wir es definitiv mit einem der Highlights des Jahres 2020 zu tun. Ein so alter Demerara-Rum aus einer längst vergangenen (und verlernten?) Herstellungs-Ära ist nicht alltäglich. Aus dem 1989er Jahrgang gibt es noch einen Samaroli und einen Duncan Taylor. Beide kenne ich leider nicht und daher kann ich auch keine direkten Vergleiche dazu ziehen. Rum Tasting Notes App Link
NASE: Ein schweres, dunkles, volles und süßes Bouquet empfängt mich nach dem Entfernen des Glasdeckels. Die saftigen Früchte (wie etwa beim 1997er Silent Ambassador) sind zu kandierten und getrockneten Vertretern ihrer Art geworden. Eine sehr schöne und intensive Pflaumen- (getrocknet) und Melassenote macht sich breit. Weiterhin kommt mir da eine richtig heftige Karamell-Schoko-Note zusammen mit gerösteten (salzigen) Erdnüssen, die mich an gute Bourbons oder auch an Snickers erinnern sowie ein guter Schuss Möbelpolitur, Kokos und Kaffee entgegen. Die typischen Port-Mourant-Gewürze (Anis etc.) sind für mich kaum mehr wahrnehmbar, was dieser Wahnsinns-Nase aber überhaupt nicht schadet. Die Aromen entwickelnd sich und verschieben ihre Anteile immer wieder über die Zeit. Ein herrliches und komplexes Bouquet!

GAUMEN: Würzig-trocken mit einer dezenten Süße. Melasse, getrocknete Pflaumen, Walnüsse, Kaffee, Leder und Tabak.

ABGANG: Deutliche Bitternoten mit Bleistiftspähnen und allerlei Röstaromen wie angebranntes Toast, stark gerösteter Kaffe usw.. Hier wird es mir etwas zu trocken und eichenlastig muss ich zugeben.

KOMMENTAR: Ein extrem guter und sehr einnehmender Rum, der bei mir lediglich im Abgang nicht ganz so punkten konnte. Bis auf den Abgang erinnert mich der Rum sehr an den Rum Artesanal REV 1994 mit seinen herlichen Pflaumen- und Melassenoten.
93/100
Die 3 deutlichen Gewinner dieses Posts (Silver Seal 1989, El Dorado 1997 und Silent Ambassador 1997) stammen alle aus der Uitvlugt-Ära. Liegt es daran, dass nach der Zusammenlegung mit Diamond verlernt wurde, wie es "richtig" geht? Oder liegt es einfach nur am Alter, die die Jahrgänge nach 2000 naturgemäß alle noch nicht erreicht haben? Ich denke leider ersteres trifft zu und hoffe auf letzteres!

Sonntag, 17. Januar 2021

Hampden Great House Distillery Edition 2020

Wie bereits beim ersten Hampden Great House angekündigt, wird es regelmäßig Nachfolger geben. Und vor kurzem ist die zweite Edition auch in Deutschland erschienen und war - wie erwartet - sehr schnell vergriffen. Der "Blend" ist wieder der gleiche mit 80% OWH und 20% <>H. Dieses Mal aber mit den Jahrgängen 2013 (OWH) anstatt 2012 und 2017 (<>H) anstatt 2016. Vergleichen möchte ich die neue Edition - wer hätte es gedacht - mit der ersten ;-)
Hampden Great House
Distillery Edition 2020
Velier/Hampden, 59%,
NASE: Ich rieche einen harmonischen Mix aus Toffee, Marzipan, Milchschokolade, tropischen Früchten (minimal überreif), Pflaumen, Zimt und den berühmten Lösungsmitteln. Die Nase ist warm, tropisch und definitiv auf der entspannten Hampden-Seite auch wenn es dennoch sofort klar ist, was hier im Glas ist. Meine Nase wandert zur ersten Destillery Edition: Gründsätzlich natürlich sehr ähnlich, allerdings wirkt die 2019er-Variante jünger und ist tendenziell eher bei sauren, hellen Früchten wie etwa Ananas, Orange und Zitrone. Auch empfinde ich - wie einige andere auch - einen etwas höheren Estergehalt in der ersten Edition. Die aktuelle Variante hat mehr Toffee, Marzipan und Pflaume, wirkt etwas älter und gesetzter und gefällt mir aktuell etwas besser muss ich sagen.

GAUMEN: Kräftig, ölig und cremig zugleich, wie es bei Hampden üblich ist. Ich bekomme eine schöne Süße aus tropischer Fruchtigkeit, Marzipan und etwas Milchschokolade. Und natürlich nicht zu vergessen: Ein guter Schluck Lösungsmittel darf hier nicht fehlen. Auch hier wirkt der 2019er Great House etwas jünger auf mich. Etwas weniger Toffee und Marzipan, etwas "aggressiver", wenn man so will.

ABGANG: Fruchtig und würzig mit Ananas und Anis. Hier ist für mich der kleinste Unterschied zum 2019er festzustellen, auch wenn die beschriebenen Unterschiede von oben auch hier gelten. Nur eben nicht so deutlich.

KOMMENTAR: Ich denke mein Fazit sollte bereits klar geworden sein. Die 2020er Edition, der "grüne", gefällt mir aktuell etwas besser. Aber auch die erste Edition ist ein echt schöner Rum. Die Ausgabepreise von jeweils 90€ sind in Anbetracht der heutigen Preisentwicklung absolut okay.
90/100

Freitag, 15. Januar 2021

Velier EHPM 1998 & El Dorado Enmore 1996 EHP

Rums mit dem Mark/Marque "EHP", die in der Wooden Coffey Still von ehemals Enmore und ab 1995 dann bei Uitvlugt gebrannt wurden, sind eher selten. Der Großteil davon wird vermutlich in den El-Dorado-Blends verschwinden. Zum Vergleich werde ich mir heute nochmal den El Dorado Enmore 1993 EHP danebenstellen, den ich als etwas "langweilig" und "spanisch" in Erinnerung hatte. Dieser stammt noch aus der Zeit bei Enmore. Demnach haben wir heute zwei reine EHPs und einen Blend aus EHP und PM im Glas. Laut Velier wird dieser Blend aber von EHP dominiert. Alle Rums reiften bei DDL in Guyana unter tropischen Bedingungen.
El Dorado Enmore 1996/2017 EHP
D.D.L., 57,2%,
NASE: Mich empfängt eine schöne, dunkle und intensive Demerara-Column-Still-Nase mit Kokos, Karamell, Marzipan, Kakao, Orangenschale, Nelken und Zimt. Dieser Aromenmix wird noch ergänzt durch einen guten Schuss Klebstoff und Lösungsmitteln und alles zusammen ist verpackt in einem alten, feuchten Ledersack. Mir gefällt das Bouquet sehr gut. Der El Dorado 1993 EHP kann da einfach nicht mithalten und wirkt neben dem 1996er etwas wie ein Langweiler und wie ich eingangs erwähnte erinnert mich der 1993er eher an Rums des spanischen Stils.

GAUMEN: Viel Karamell, Kokos und ein paar Rosinen. Sehr klassisch Column-Still. Trotz einer leichten, angenehmen Süße breitet sich einiges an trockener, würziger Eiche (ohne Menthol oder Bitterstoffen) im Mundraum aus. Bis auf etwas Rosinen sind da keine Früchte, sondern die Süße kommt vom Kokos- und Karamell-Eindruck. Der Alkohol schiebt ordentlich, ist aber überhaupt nicht unangenehm oder schlecht eingebunden.

ABGANG: Es kommen Milchschokolade/-kaffee und Nelken dazu. Hintenraus wird es zunehmen trockener und die Mundschleimhäute ziehen sich leicht zusammen.

90/100
Velier Enmore and Port Mourant
1998 EHPM 16 Jahre
Velier, 62,2%,
NASE: Obwohl das Velier-Bottling 4 Jahre jünger ist, wirkt es älter und dunkler. Ich habe hier etwas weniger Kokos und Lösungsmittel, dafür aber mehr erdige, ledrige Noten, mehr Kakao, Kaffee, Rosinen und (nasse) Eiche. Dazu einiges an Nelken, Melasse und kandierten Orangenschalen. Auch bekomme ich eine schwere Fruchtigkeit, Lakritz und Gewürzen, Samen und Kräutern im Hintergrund, die ich dem Port-Mourant-Anteil zuschreibe. Und sind da nicht noch 2 Tropfen Diesel, Teer und etwas angebranntes Gummi zu riechen?! Die Velier-Nase gefällt mir ein gutes Stück besser, weil sie komplexer und spannender ist. Mit der Zeit und nach den ersten kleinen Schlücken wird die Port-Mourant-Note deutlich stärker.

GAUMEN: Port Mourant schiesst nach vorne. Nasses Holz, Lakritz, Leder, etwas Erde. Dazu eine schöne rosinig-karamellige Süße. Kokos und Honig gesellen sich dazu. Richtig lecker! Die 62% Alkohol sind nicht zu spüren. Richtig gut eingebunden.

ABGANG: Wie der El Dorado sehr trocken. Etwas Rosinen und dunkle Schokolade sind zu Beginn noch da, weichen dann aber den trockenen Gewürzen und Eichentönen.

93/100
Für mich, der sich Stück für Stück in die Velier-Demerara-Welt reintastet (zumindest in die bezahlbaren), zeigt es sich immer wieder, dass da einfach richtig gute Benchmark-Rums von Luca Gargano und Velier ausgesucht und abgefüllt wurden. Die Preise, die für diese Rums heute verlangt und auch bezahlt werden, sind nicht einfach nur Sammler-Preise, sondern sind auch direkt an diese unfassbare Qualität gekoppelt, die D.D.L. mit ihrer "El Dorado Rare Cask"-Serie nicht erreicht. Auch, wenn mir diese echt gut gefallen. Also nicht falsch verstehen: Der heutige El Dorado Enmore 1996 EHP ist ein richtig guter Rum, der so einige heutige Column-Still-Rums in den Schatten stellt. Aber er hatte einfach den falschen Gegner ;-)

Samstag, 2. Januar 2021

Cognac Jean-Luc Pasquet

Erstmal: Frohes Neues und vor allem gesundes Jahr 2021!

Heute geht es mal wieder nach Frankreich, genauer zum Cognac-Haus "Jean-Luc Pasquet". 6 sehr lange gereifte Abfüllungen standen bei mir über die Weihnachtszeit auf dem Speiseplan, von denen der mit Abstand jüngste bereits ca. 31 Jahre alt ist. Eine der heutigen Abfüllungen ist eine speziell für die Facebook-Gruppe "Serious Brandy" ausgesuchte, in der auch ich Mitglied bin und diesen Post auch teilen werde ;-) Die Cognacs von Pasquet genießen generell in der Brandy-Szene einen ziemlich guten Ruf und so freue ich besonders auf das heutige Line-Up! Um es mal wieder zu erwähnen: Ich bin alles andere als ein Brandy-Kenner, von daher sind meine Beschreibungen und vor allem Bewertungen mit der nötigen "Vorsicht" zu genießen.
Cognac Pasquet 1962/2020
Selection for "Serious Brandy" (Cask #2)
Original40,3%, Cognac Petite Champagne
NASE: Überraschend schnell offen für das hohe Alter von fast 60 Jahren. Das Bouquet präsentiert sich warm, süß und dunkel mit viel Eiche und Rancio-Noten. Rosinen, getrocknete Aprikosen, Kirschen, Bienenwachs, Waldhonig, feuchter Tabak, Walnussöl und Menthol/Hustenbonbon kommen da aus dem Glas. Die Nase ist richtig schön und einnehmend! Es zeichnet sich aber bereits etwas ab: Die Menthol-Note wird mir vermutlich am Gaumen zu viel werden. Sie ist mir in der Nase schon fast zu viel.

GAUMEN: Wie vermutet wird diese Menthol/Hustenbonbon-Note noch stärker und übersteigt jetzt definitiv meine Komfortzone. Dazu Waldbeeren, Kirschen, Leder und Piniennadeln.

ABGANG: Ätherische Öle satt (Menthol, Piniennadeln). Dadurch entsteht ein kühlender Effekt, der mich, wie schon erwähnt an Hustenbonbons erinnert.

KOMMENTAR: Einige Genießer in der Brandy-Szene schreiben häufiger etwas von starkem Kirscharoma in dieser Abfüllung. Das möchte ich hier auch gar nicht in Frage stellen. Ich verbinde Kirschen aber irgendwie mit anderen Aromen und nicht so sehr mit dieser für mich dominaten Hustenbonbon-Note, die kühlend wirkt.
86/100
Cognac Pasquet 1973/2019
Le Cognac de André
51,4%, Cognac Petite Champagne
NASE: Anfangs verschlossen. Nach 30 Minuten und 2 Tropfen Wasser macht er auf. Getrocknete Aprikosen, Rosinen, Toffee, Bratapfel, etwas Tabak, Leder, Bienenwachs und eine leichte Schwefelnote. Letztere verschwindet nach über einer Stunde aber wieder. Das Bouquet wirkt gesetzt, alt und edel.

GAUMEN: Süßes und geschmeidiges Mundgefühl mit einer herrlichen Traubensüße. Dazu Marzipan, Toffee und Honig. Ein leichtes Kribbeln von der Eichenwürze macht sich hintergründig bemerkbar. Nicht sonderlich komplex oder fordernd, aber dafür auf den Punkt und sehr lecker!

ABGANG: Noch mehr herrliche Trauben, Rosinen, Aprikosen und Marzipan. Geschmeidig, süß und herrlich süffig mit einer Prise Eichenwürze und Menthol.

KOMMENTAR: Die Nase ist mir zu verhalten, um die 90-Punkte-Marke zu knacken. Am Gaumen und im Abgang wird diese Marke aber erreicht. Insgesamt...
88/100
Cognac Pasquet Lot 1973
Aficionados x Fine Drams
50,3%, Cognac Petite Champagne
NASE: Anfangs ziemlich verschlossen, was sich leider auch nach über einer Stunde Atmen nicht groß ändert. Erst nach 2 Stunden sind seine Aromen deutlich präsenter. Toffee, Bratapfel, Rosinen und Marzipan. Dazu eine leichte Alkoholwolke, die die Aromen leicht zu verdecken scheint. Dem 1973er Vorgänger "André" ziemlich ähnlich, nur leider deutlich verschlossener.

GAUMEN: Etwas mehr Eiche und weniger Trauben als "André". Viel Karamell, teilweise leicht angebrannt. Dazu Bratapfel mit Rosinen, Zimt und etwas Ingwer. Auch sehr gut, aber es fehlt mir hier etwas an der Traubensüße.

ABGANG: Auch hier deutliche Eiche mit Pfeffer, Muskat, Ingwer und etwas Menthol. Dazu Toffee und Rosinen.

KOMMENTAR: André ähnlich, aber nicht so gut in meinen Augen.
86/100
Cognac Pasquet Tres Vieille Réserve
44,8%, Cognac Grande Champagne
Der jüngste Jahrgang ist 1974 und abgefüllt wurde 2017. Demnach ist der jüngste Cognac in dieser Assemblage ca. 43 Jahre alt.
NASE: Warm, dunkel und voll. Rosinen und getrocknete Aprikosen, Kerzenwachs, Tabak, Toffee, Nüsse, Orangenschalen und eine schwere, florale Parfümnote. Das Bouquet wirkt definitiv alt und ich bekomme auch diesen mystischen, verwobenen Rancio-Effekt.

GAUMEN: Schöne Balance zwischen fruchtiger Süße, die an getrocknete Früchte sowie Marmelade erinnert, und Eichenwürze mit Leder und Gewürzen.

ABGANG: Einiges an Rosinen, Leder und Tabak.

89/100
Cognac Pasquet Lot 1974/2018
Le Cognac de Bernadette
44,8%, Cognac Grande Champagne
NASE: Dem "Tres Vieille Réserve" sehr ähnlich. Wirkt aber nicht ganz so alt und damit auch etwas kraftvoller. Dennoch sehr gesetzt, edel und "einlullend". Hier bekomme ich auf jeden Fall eher Walnüsse als bei den Vorgängern, die eher bei Mandeln/Marzipan und Haselnüssen angesiedelt sind.

GAUMEN: Cremiges Mundgefühl. Angenehm süß mit Trockenfrüchten und Honig. Dazu eine schöne Eichenwürze mit Tabak, Leder und Gewürzen. Weiterhin macht sich dieses Parfüm aus der Nase minimal seifig im Mundraum, was ich hier aber als angenehm empfinde.

ABGANG: Viel Eichenwürze. Die cremige Süße verschwindet fast vollständig und trockene Gewürze und eine gewisse Bitterkeit machen sich breit. Pfeffer, Piment, Ingwer, Walnüsse (die bitteren). Am Ende wird es wieder milder mit Trauben und floralem Parfüm.

87/100
Cognac Pasquet 1988/2019
Le Cognac de Christian
54,1%, Cognac Petite Champagne
NASE: Zuerst ziemlich verschlossen und leicht alkoholisch. Der braucht sehr lange, um anzukommen. Unterscheidet sich aber dann nach ca. 2 Stunden deutlich von den anderen, was eine echt schöne Abwechslung ist. Denn dieser ist defintiv der jüngste in der Runde und hat demnach auch eine "hellere" Nase mit eher frischen und säuerlichen Fruchtnoten wie Zitronen, Trauben, Quittengelee und Mandarinen. Dazu ein paar Blütenblätter, Honig und Toffee.

GAUMEN: Die 54% sind zu spüren, werden aber mit der Zeit und einem Tropfen Wasser geschmeidiger. Gelee aus Quitten, Zitronen und Mandarinen finde ich auch hier. gepaart mit leichten Bitternoten.

ABGANG: Kräftiger, heisser Schub zu Beginn, dann folgt eine kurze Süße, die dann von Ingwerschärfe und einer leichten Bitterkeit abgelöst wird.

KOMMENTAR: Dieser Cognac braucht definitiv Zeit zum Atmen!
85/100
Wenn ihr bis zum Schluss die Notes gelesen haben solltet, wird euch sicherlich aufgefallen sein, dass sich die Aromenbeschreibungen sehr stark ähneln. Und hier beginnt auch mein "Meckern" auf hohem Niveau. Alle Cognacs dieses Posts sind sehr gut und es gibt keine wirklichen Mängel - eher das Gegenteil. Sie sind mir zu glatt und perfekt. Sie sind nicht sonderlich überraschend, so wie etwa die beiden Armagnacs für den Wu Dram Clan aus dem letzten Post, die mich ziemlich begeistert und eben überrascht haben. Ich habe es dann doch gerne dreckig und intensiv. Beide Attribute konnte ich in den 6 Cognacs nicht finden, was auch der Grund dafür ist, dass keiner die 90-Punkte-Marke geknackt hat. Das alles ist aber auch nur eine Meinung eines Rum-Trinkers und nicht die eines Cognac-Experten.