Sonntag, 23. Juni 2019

2 aktuelle 1998/2019er "Bellevues" aus Guadeloupe von Kill Devil


Es geht hier doch nicht direkt mit Jamaika weiter. Kurzausflug nach Guadeloupe. Es sind zwei Samples der beiden aktuellen Kill Devil-Schwesterfässer vom 1998er Bellevue-Batch eingetrudelt. Die will ich hier erstmal reinschieben. Bei heutigen Abfüllungen wurden vor kurzem von Serge Valentin mit je 91/100 Punkten bewertet, was für seine Verhältnisse ziemlich hoch ist! Ich habe hier bereits zwei Rums dieses Batches probiert. Wer mehr zu diesem kuriosen 1998er-Batch lesen will, dem empfehle ich diesen Post von Marius vom SCR-Blog, der ausgiebig dazu nachgeforscht hat.
Als Referenz habe ich den 19-jährigen von The Duchess genommen, da ich den recht gut fand und ihn zur Hand habe.

Guadeloupe 20 Jahre 1998/2019 (Bellevue/Damoiseau), Kill Devil, 58.6%

Die Nase ist dunkel und schwer. Leder/Tabak, Teer und Gummi. Eine Caroni-Ähnlichkeit ist auf jeden Fall vorhanden. Dazu Minze, andere Kräuter, Lakritz, Waldhonig und eine dezente Aprikosenfruchtigkeit. Auch wenn es ein Melasse-Batch war, ist doch eine minimale Grasigkeit und Gemüsenote vorhanden, die ansonsten eher typisch für Rums aus frischem Zuckerrohrsaft sind. Durch 2 Tropfen Wasser macht die Nase noch mehr auf und wird etwas dreckiger. Im Vergleich fällt die Abfüllung von The Duchess ein gutes Stück zurück. Die Nase vom Kill Devil ist deutlich dreckiger, voller und komplexer. Dafür aber kaum bis keine Kakaonoten wie beim The Duchess. Im Mund wird es wieder grasiger. Erdig, ölig und ledrig. Ordentlich Lakritz ist auch dabei. Im Abgang wird es wieder ein Stückchen grasiger mit einer leicht bitteren Eichenwürze. Durch etwas Wasserzugabe wird es im Mund und Abgang süßer, weniger bitter. 88 Punkte

Guadeloupe 20 Jahre 1998/2019 (Bellevue/Damoiseau), Kill Devil, 58.8%

Für das Schwesterfass gelten alle Notizen von oben. Was aber auffällt ist, dass dieses hier einen Tick dreckiger ist. Mehr Gummi, Teer und Möbelpolitur. Die Caroni-Ähnlichkeit ist dadurch etwas größer. Auch habe ich in der Nase im Hintergrund eine leicht an Jamaika erinnernde Ester-Note. Auch dieser hier wird mit 2 Tropfen Wasser besser, ergo dreckiger. Insgesamt liegt dieses Faß bei mir weiter vorne im Rennen aufgrund der stärkeren Dreckigkeit. 89 Punkte

Das verblüffende an diesen (und anderen) Bellevue-Abfüllungen aus 1998 ist, dass sie, obwohl auf Melasse-Basis hergestellt, deutliche Agricole-Noten aufweisen (Grasigkeit, Gemüsenoten, Erdigkeit). Wer also hier einen "britischen" Melasse-Rum à la Caroni, Jamaika oder Guyana erwartet, wird enttäuscht. Wem Agricoles aus Martinique oder Guadeloupe überhaupt nicht zusagen, würde ich von einem Blindkauf abraten.

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Da mir ein sehr freundlicher Flaschenteiler ein Überraschungs-Gratis-Sample vom Rhum Rhum 2010/2017 von Bielle in mein Päckchen gelegt hat, füge ich den hier unten an. Vielen Dank nochmal an dieser Stelle! Wir bleiben auf Guadeloupe, allerdings ist das ein Rhum Agricole aus besagtem frischen Zuckerrohrsaft (vergoren).


Bielle 2010/2017 "Rhum Rhum" Liberation, Velier, 58.4%

Dieser Rhum reifte laut Internetrecherche die gesamte Zeit in ehemaligen Weinfässern aus dem Burgund. Die Nase ist auch hier auf der schweren Seite. Hier habe ich dunkle florale und gemüsigen Noten, die leicht ins faulige und buttrige übergehen. Diese buttrigen Noten habe ich schon häufiger bei (Rot-)Wein-Finishes beim Whisky erlebt. Ist nicht so 100% mein Fall. Dazu nasses altes Leder und angebranntes Karamell. Im Hintergrund eine schwere (und mir unbeschreibliche) Fruchtigkeit und Waldhonig. Nach einer Weile des Lüftens mit 1-2 Tropen Wasser, geht das faulige etwas zurück und Minze kommt durch. Dazu Mandeln. Der Faßeinfluss ist schon recht hoch. Dadurch verschwimmt die Grenze zum Whisky. In einem Blindtasting könnte ich mir vorstellen, dass ich zuerst nicht unbedingt auf einen Rum gekommen wäre. Der Mund spiegelt recht gut die Nase wieder, aber mit mehr öliger Süße und weniger fauliger Buttrigkeit. Der mittel-lange Abgang ist zuerst intensiv und süß und wird dann zunehmend grasiger und trockener. Ihr ahnt es: Die faulige Butternote hat ihm etwas an Wertung gekostet. Ansonsten sehr intensiv und lecker. 82 Punkte

Dienstag, 18. Juni 2019

Ein paar Rums von Monymusk aus Jamaika


Es wird Sommer. Da kommt bei mir sofort Lust auf Jamaika-Rum auf! In den nächsten Wochen möchte ich mich mit 4 Destillerien auf Jamaika (erneut) beschäftigen. Die Rede ist von Monymusk, Hampden, Long Pond und Worthy Park. Darunter sind die 3 neuen Abfüllungen der Habitation-Velier-Reihe (Monymusk, Hampden und Long Pond). Heute beginne ich mit Monymusk, die ich bisher auf diesem Blog noch gar nicht besprochen habe. Auch vor meiner "Blogger-Zeit" hatte ich bisher nur den 14-jährigen von The Rum Cask probiert. Den habe ich mir als Referenz nochmal für diesen Post besorgt.


Monymusk 12 Jahre 2003/2016, Duncan Taylor, 52.1%

In der Nase ein recht heftiger Esterantritt mit Lösungsmitteln und leicht fauligen Noten. Gefällt mir erstmal gut ;-) Dann kommen leicht metallische Noten, grünes Holz/Äste und ein Hauch Marzipan dazu. Eine sonderbare Nase, die mir auf der einen Seite gefällt und auf der anderen nicht. Im Mund wird es cremig und leicht süß und ich finde die Aromen und den Charakter der Nase wieder. Nach einer Weile im Mund wird er recht würzig und zunehmend sauer. Das zieht sich in den trockenen und mittel-langen Abgang rein. 80 Punkte

Monymusk JMM 14 Jahre 2003/2017, The Rum Cask, 60.7%

Zu dem Mark JMM gibt es leider keinerlei Informationen, was z.B. den Estergehalt betrifft. Diese Abfüllung des deutschen Abfüllers "The Rum Cask" wurde speziell von Florian von BAT "recommended". In der Nase habe ich zunächst Klebstoffnoten, helle, leicht saure Fruchtigkeit (u.a. Ananas, aber nicht mit Hampden vergleichbar) und einen leichten Alkoholstich, der bei 60% aber auch nicht ungewöhnlich ist. Die "grüne Holzigkeit" ist deutlich dezenter als beim Duncan Taylor von oben. Der Grundcharakter ist eher hell und säuerlich. Nach einer Weile und ein paar Tropfen Wasser gesellt sich noch Vanille dazu. Insgesamt muss ich aber sagen, dass mir die Duncan Taylor-Nase besser gefällt. Im Mund dann relativ cremig und etwas süß. Dazu Lösungsmittel, Eichewürze, milde Fruchtigkeit. Der Abgang gestaltet sich dann wieder trockener und saurer und ist mittel-lang. Es ist ein guter Rum, aber für mich persönlich einen Tick zu "hell" und sauer im Charakter. 82 Punkte

Monymusk 11 Jahre 2007/2018, Compagnie des Indes, 55%

Die Nase ist sehr kräuterig (Fenchel, Kümmel, Wachholder). Dazu wieder das grüne Holz, aber richtig heftig. Erinnert mich an Gin, was nicht gut ist! Im Mund wird es leicht besser, aber dafür ziemlich sauer, was auch nicht so mein Fall ist. Der Abgang wird dann überraschender Weise etwas süßer und cremiger und schießt sozusagen das Gnadentor für diese Abfülung. 70 Punkte

Monymusk EMB 9 Jahre 2010/2019, (Habitation) Velier, 62%

Hier haben wir es (wie immer bei Velier) mit 100% tropischer Reifung zu tun. In der Serie "Habitation Velier" finden wir nur Pot Still Rums aus einer Destillerie. Also kein Single Cask. Nach der Gargano-Klassifikation sogenannte "Pure Single Rums". Dieser hier hat einen Estergehalt von 275gr/hlpa, also für Jamaika-Verhältnisse noch recht zahm.
In der Nase habe ich zunächst eine deutliche Lösungsmittelnote zusammen mit einer gewissen Fruchtigkeit (Süße Zitrusfrüchte wie Mandarinen, matschige Bananen und Aprikosen), Vanille und Karamell. Im Hintergrund Möbelpolitur und etwas Kokos. Die Nase hat für mich nach wie vor einen leicht säuerlichen Charakter, ist aber bisher mit Abstand die dunkelste, tiefste und reifeste von den vieren hier. Im Mund dann cremige Sahne-Karamellbonbons, Vanille und fruchtige Dosen-Früchte wie Aprikosen und Mandarinen. Der Alkohol ist sehr gut eingebunden. Was ich in der Nase noch als säuerlich empfunden habe, ist hier im Mund süß geworden. Der mittel-lange Abgang macht genau da weiter. Hintenraus kommt nochmal ein schöner Karamell- und Aprikosen-Schwall. Hmmm, der gefällt mir sehr gut! 90 Punkte

Der funkigste heute war auf jeden Fall der Duncan Taylor, der die Jamaika-typischste Nase hatte, mir dann aber im Mund und Abgang einen Tick zu sauer und trocken wurde. Die C.D.I.-Abfüllung fliegt komplett raus für mich, während die aktuelle Abfüllung von Habitation Velier am "rundensten" und gereiftesten von allen ist, was aber auch ein gutes Stück an Funkigkeit kostet.

Freitag, 14. Juni 2019

2 Rums von Angustura

Angostura oder präziser "Trinidad Distillers Limited" (TDL) ist die letzte verbleibende Destillerie auf Trinidad nachdem 2003 Caroni geschlossen wurde. Wurde bei Caroni noch eigene Melasse verarbeitet, wird heutzutage bei TDL Melasse importiert. Meistens aus Guyana, der Dominikanischen Republik oder Panama. Die Rums von TDL sind (meist oder immer?) leichte Multi-Column-Still-Rums. Als Original-Abfüllung stark verdünnt und mit Zucker versetzt. Heute habe ich zwei unabhängige, ungezuckerte, Abfüllungen im Glas.


Angostura 15 Jahre 2003/2018, refill-Bourbon, Rasta Morris, 63.4%

Reifung von 2003 bis 2014 auf Trinidad, die restlichen 3-4 Jahre in Europa. Die Nase zeigt ein recht cleanes und leichtes Melasse-Rum-Profil. Karamell, Rosinen, Vanille und Kokos. Im Hintergrund etwas süße Kirsche und Zimt. Der hohe Alkoholgehalt ist nur minimal spürbar. Die Nase ist angenehm, aber auch unspektakulär. Im Mund hält sich der Alkohol auch sehr zurück. Eine angenehm überraschende Leder/Tabak-Note kommt dazu und gibt dem Ganzen wenigstens noch ein bisschen Schwere. Wenig süß im Mund. Eher herb und ölig. Der eher mittel-lange Abgang baut eine deutliche Eichenwürze auf. Der Mund wird leicht trocken.
★★★★★★★ 5/10





Angostura 10 Jahre, ex-Bourbon + ex-Sherry, Selected Cask Community, 59.1%

Mit dieser süffigen Abfüllung machte die SCC rund um Nicolas Kröger (Berlin) in der deutschen Rum-Szene im Mai 2018 auf sich Aufmerksam. Reifung für 4 Jahre in ex-Bourbon und 6 Jahre in ex-Sherry. Vermutlich komplett in Europa.
Die Nase ist eine herrlich dunkle und schwere Sherry-geschwängerte. Geröstete Nüsse, Datteln, eingelegte süß-klebrige Kirschen und Pflaumen. Minimaler Alkoholstich im Hintergrund. Daneben Ledernoten. Im Mund habe ich erst das Gefühl ich hätte einen stark aufgespriteten Sherry getrunken. Wein- und Sherry-Aromen satt. Das Faß war vermutlich nicht das trockendste ;) Süß, süffig, leicht weinig-säuerlich. Der Abgang ist süß, ölig und mittel-lang bis lang. Ein schönes Beispiel, wie man aus einem eher milden und leichten Destillat auf "legale" und transparente Weise einen süffigen Dessert-Rum macht. Das ist sicherlich kein Rum zum ewig analysieren und vertiefen (das sollte er auch bestimmt nicht sein!), sondern einer zum Naschen!
★★★★★★ 6-7/10

Donnerstag, 6. Juni 2019

Und wieder ein paar 18-jährige Original-Abfüllungen

Es geht weiter mit meinen original abgefüllten 18-jährigen Whiskies.



Glenallachie 18 Jahre (2019), Original-Abfüllung 46%

Vatting aus ex-Bourbon- und ex-Sherry-Fässern. Die Nase ist eher zart und geschmeidig. Sehr klassisch. Hell-fruchtig, Malz, Vanille und Karamell. Dieses fruchtig Süße hat teilweise etwas von Bonbons oder Fruchtgummis. Mir sind ganz spontan diese grünen Frösche in den Sinn gekommen. Im Mund geht das fruchtige ein wenig zurück und die Malzigkeit kommt mehr in den Vordergrund. Es bleibt aber immernoch ein sehr leichter Whisky. Der Abgang ist eher kurz und bringt nichts neues. Insgesamt ein Whisky-Stil, der nicht meinem Beuteschema entspricht. 80 Punkte

Jura 18 Jahre (Red Wine Finish) (2019), Original-Abfüllung 44%

Die Nase hat leicht säuerliche und buttrige Noten, die ich schon häufiger bei Rotwein-Finishes oder -Lagerungen hatte. Dazu dunkle Früchte, Nüsse (Walnüsse?) und Waldhonig. Insgesamt recht dunkel und wuchtig vom Charakter her. Im Mund zuerst verblüffend wässrig. Die Nase hat da mehr Wucht vorgegaukelt. Hält man ihn jedoch etwas länger im Mund, entwickelt sich dann doch eine Würzigkeit mit Leder und Eiche. Im mittel-langen und würzigen Abgang kommt die buttrig-säuerliche Note wieder etwas mehr zur Geltung. Dazu eine leichte Bitterkeit. 82 Punkte





Glen Scotia 18 Jahre (2019), Original-Abfüllung, 46%

Reifung in ex-Bourbon- und Finish in ex-Oloroso-Fässern. In der Nase saftige Aprikosenmarmelade, Mandeln/Marzipan und Vanille. Eine minimale Salzigkeit im Hintergrund. Sehr cremig und seidig. Im Mund werden die saftigen Aprikosen noch deutlicher. Dazu Malz und eine gewisse Eichenwürze. Das Mundgefühl ist eher locker-luftig und seidig. Der Abgang ist eher maximal mittel-lang und wird etwas bitter durch die Eichenwürze. Daneben weiterhin die Aprikosensüße, wenn auch etwas schwächer. Insgesamt ein recht unspektakulärer Whisky, der mir zu lieblich und "langweilig" ist.
82 Punkte






Longrow 18 Jahre (2019), Original-Abfüllung, 46%

Vatting aus 75% ex-Sherry- und 25% ex-Bourbon-Fässern. Der Rauch ist über die 18 Jahre schon gut verflogen, aber immernoch gut spürbar in der Nase. Sehr muffig-erdig-deftiger Grundcharakter. Räucherspeck, Salz, geröstete Nüsse, geröstetes Malz. Irgendeine halb-matschige Frucht, die auf dem Weg zur Trockenfrucht ist. Eine gewisse leichte Erdigkeit und Ledrigkeit. Im Mund weiterhin ziemlich robust und eher auf der deftigen und nussigen Seite. Der Rauch wird, wie fast immer, etwas stärker, aber ist von z.B. Laphroaig-Level meilenweit entfernt. Dazu eine schöne Eichenwürze und Malzigkeit. Der Abgang ist speichelanregend und mittel-lang bis lang. Sehr voll und intensiv. Würzig, aber nicht bitter, sondern malzig. Leichter Rauch. Sehr belebendes Mundgefühl. Toll! Ich mag diesen robusten, handfesten Charme! 90 Punkte