Donnerstag, 23. Juli 2020

American Whiskey
Balcones True Blue & Texas Rye


Heute geht es mal wieder in die USA, genauer gesagt nach Texas. Dort brennt eine recht junge Destillerie seit 2009 verschiedene Whiskeys. Das Besondere sind die Getreidemischungen und das extreme Klima in Texas mit heissen Tagen und kalten Nächten. Zu erwähnen ist noch, dass Balcones (nach eigenen Angaben) ihre Whiskeys nicht kühlfiltriert, färbt oder auf irgendeine andere Art und Weise manipuliert. Das ist schonmal ein schöner Anhaltspunkt, denn bei amerikanischen Whiskeys (ausser bei Bourbon) ist ohne die Bezeichnung "Straight" erstmal vieles erlaubt.
Balcones
True Blue, Straight Corn Whisky
Original, 50%,
Die Mashbill besteht zu 100% aus blauem Mais, was bedeutet, dass die Enzyme, die nötig sind um Stärke in Zucker zu verwandeln nicht aus gemälzter Gerste (wie üblich) sondern separat "künstlich" hinzugegeben werden.
NASE: Süß mit Vanille, Karamell und einer dezenten Fruchtigkeit und Vollmilchschokolade. Dazu schwingt eine spürbare Säure mit, die teilweise etwas an Essig erinnert. Generell ist der Charakter aber sehr weich.

GAUMEN: Auch hier ein sehr weiches Mundgefühl zuerst, das mit der Süße aus der Nase startet. Dann aber entwickelt sich eine Würze, die mich etwas an zu lange gezogenen Tee (Schwarz, Grün, Ingwer) erinnert.

ABGANG: Die Tee-Würzigkeit wird stärker und es gesellen sich Banane und Karamell dazu..

KOMMENTAR: Hmm. Holt mich irgendwie nicht so ab. Zu weich und belanglos auf der einen Seite und auf der anderen Seite mag ich diese Tee-Note nicht so gern.
70/100
Balcones
Texas Rye
Original, 50%,
Hier besteht die Mashbill zu 100% aus Roggen verschiedener Arten. Das Alter ist wohl nur 18 Monate, daher ohne die Bezeichnung "Straight".
NASE: Ganz andere Liga! Sehr intensiv, dunkel und voll. Roggenbrot mit Gewürzen, Orangenschalen mit Nelken, Nüsse, Kakao. Die Nase macht echt was her. Stellenweise habe ich kurz das Gefühl ich hätte einen sherrygereiften Malt mit ein paar Tropfen Demerara-Rum vor mir stehen.

GAUMEN: Cremig, ölig und süß. Sehr malzig, was den Eindruck von Malt-Whisky wieder verstärkt.

ABGANG: Kakao, geröstete Haselnüsse und Orangenschalen. Sehr lecker.

KOMMENTAR: Ich bin echt überrascht. Ich hatte mir von 100% Roggen eigentlich einen recht ungemütlichen Roggenhammer vorgestellt, aber dieser Rye geht in eine andere, eigene Richtung.
84/100

Donnerstag, 16. Juli 2020

L'Encantada Armagnac
Sél. 20 ans, Sél. 25 ans, 8ème Décade

Armagnacs generell und die vom Abfüller "L'Encantada" speziell, sind zur Zeit im Kommen. Noch zu guten Preisen im Vergleich zu gleichwertigen Whiskies oder Rums zu haben, aber das düfte sich in den nächsten Jahre drastisch ändern. Dank einer riesigen Flaschenteilung von Sascha (vielen Dank an dieser Stelle nochmal) bin ich an einige Samples gekommen, die ich hier nun nach und nach vorstellen möchte.

Bisher sind meine Armagnac-Erfahrungen recht überschaubar: Meine Wertungen sind von daher mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten, da mir hier einfach die nötigen Referenzpunkte in meiner Skala fehlen.
Sélection 20 ans
L'Encantada, 47,2%,
Hierbei handelt es sich um einen Blend, der mindestens 20 Jahre alte Armagnacs miteinander vermählt und in Fassstärke abgefüllt wird.
NASE: Warm, dunkel und harmonisch. Rosinen, Marzipan, Vanille, Crème brûlée. Dazu eine säuerliche Traubensüße, die an Federweißer erinnert. Auch Honig und Gewürze wie Piment und Nelken spielen mit rein. Sehr schöne Kombination aus Alter (Fasseinfluss) und eigentlichem Rohstoff/Destillat.

GAUMEN: Wieder die Traubensüße, Crème brûlée und eine gute Portion Eiche und Gewürze. Anfangs recht cremig, wird dann aber in Richtung Abgang immer trockener und auch leicht bitter und würzig. 20 Jahre in europäischer Eiche hinterlassen einfach ihre Spuren.

ABGANG: Wie schon am Gaumen erkennbar war, dominiert hier die Eiche. Starker Gewürzeinfluss. Trocken mit einer Spur Traubensüße.

KOMMENTAR: So stelle ich mir ehrlich gesagt einen guten, gehobenen Alltags-Armagnac vor.
84/100
Sélection 25 ans
L'Encantada, 45,5%,
Hier gilt das gleiche wie beim 20-jährigen. Nur eben mit mindestens 25 Jahren.
NASE: Anfangs deutlich verschlossener als sein jüngerer Bruder. Insgesamt spürbar weniger fruchtig, süß und cremig. Die Eichennoten gehen hier schon deutlich mehr in Richtung Möbelpolitur. Absolut logische Fortsetzung des 20-jährigen. Schöner Mix aus dunklen Röstaromen und Orangenschalen.

GAUMEN: Eiche satt, Röstaromen, Gewürze, etwas Rosinen. Recht trocken.

ABGANG: Weiter geht es trocken mit Eiche und Gewürzen und vereinzelten Trockenfrüchten. Am Ende hat die Trockenheit etwas von Pappe, auch wenn sich das blöd anhört.

KOMMENTAR: Während die Nase etwas gesetzter und spektakulärer ausfällt, wird es mir beim Trinken etwas zu eichenbetont stellenweise. Von daher die gleiche Wertung wie sein Bruder.
84/100
8ème Décade XO
L'Encantada, 45,5%,
Hier wurden Jahrgänge Mitte und Ende der 1980er der Domaines Lassalle, Cassou, Castillon miteinander vermählt, was ein Alter von ca. 31-35 Jahren bedeutet. Und das für ca. 70-80€ der halbe Liter! Liebe Grüße an die Whiskywelt an dieser Stelle ;-)
NASE: Wow! Schwer, dunkel, satt und süß kommt es aus dem Glas. Sehr verwoben und komplex. Sirupartiger Honig, Karamell, Vanille, Bienenwachs, extrem eingekochte Früchte (vornehmlich Trauben) und etwas Gewürze wie Zimt und Nelken. Sehr hypnotisch. Gefällt mir richtig gut.

GAUMEN: Nicht so süß wie die Nase vermuten lässt. Die Gewürze (vor allem Zimt und etwas Pfeffer) treten mehr in den Vordergrund. Es wird leicht gewürzscharf und trocken/ledrig, aber bleibt irgendwie dennoch recht ölig und cremig.

ABGANG: Viel Zimt. Dazu Rosinen, Karamell und ledrige Eiche.

KOMMENTAR: Sehr gediegen! Allein die Nase ist den sehr fairen Preis mehr als wert.
87/100

Mittwoch, 8. Juli 2020

Whic.de - "Amazing Whiskies" I und II


Zur Transparenz: Die Samples des heutigen Posts wurden mir von "whic (UG)" kostenfrei zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür an dieser Stelle; ich habe mich sehr gefreut! Es wurde aber seitens des Sponsors keinerlei Vorgaben gemacht wie, wann und ob ich das Material hier auf dem Blog bespreche. (Link zu whic.de)
Whic.de hat diesen Sommer eine neue Abfüllungsserie gestartet. "Amazing Whiskies" nennt sie sich und soll über die Länge von 30 Abfüllungen erscheinen. Die ersten beiden - die bereits erschienen sind - probiere ich heute. Das Design, welches im Superhelden-Comic-Vintage-Trash-Look gehalten ist, gefällt mir schonmal von allen Whic-Serien mit Abstand am besten.
Glenrothes 22 Jahre
Amazing Whiskies I
whic.de, 58,8%, Sherry-Butt
NASE: Gesetztes Sherrybrett. Pflaumenmarmelade, getrocknete Feigen, Rosinen, Kakao, geröstete Nüsse, Liebstöckel und Leder strömen warm, dunkel und süß-würzig aus dem Glas. Anfangs ein leichter Alkoholschleier, was bei knapp 60% nicht sonderlich verwundert. Mit etwas Wasser kommen Apfel- und Birnenschalen dazu.

GAUMEN: Kraftvoller Antritt, der etwas die Aromen überdeckt. Ich gebe etwas Wasser dazu: Besser. Deutlich cremiger mit Feigen, Rosinen, Malz und Leder. Nach ein paar Schlücken dominiert die Bitterkeit der Eiche und es spielen vermehrt die Gewürze des Abgangs mit rein.

ABGANG: Zuerst noch cremig und dann immer würziger, trocken und leicht bitter mit Kaffee, Leder, Muskat, Piment und Liebstöckel. Hier macht sich die Eiche sehr deutlich bemerkbar.

KOMMENTAR: Ein kraftvoller, aromatischer und auch fordernder Whisky. Ich muss ganz klar sagen: Hierfür muss man in der Stimmung sein. Ein großzügig eingeschenkter Dram könnte gegen Ende zu bitter werden.
86/100
Inchgower 21 Jahre
Amazing Whiskies II
whic.de, 59,3%, Sherry-Finish
NASE: Deutlicher Unterschied zum Glenrothes. Hier dominiert der Ex-Bourbon-Charakter der Hauptreifung. Gebackene Äpfel mit Karamell, Vanille und Zimt. Dazu Gebäcknoten. Das Sherry-Finish macht sich eher unterschwellig durch etwas Pflaumen, Trockenfrüchte und Nüsse bemerkbar. Auch eine sehr einladende und aromatische Nase! Empfinde ich in Anbetracht der vielen Sherryreifungen auf dem Markt als die spannendere und abwechslungsreichere. Auch hier habe ich anfangs einen leichten Alkoholschleier.

GAUMEN: Cremig, ölig, süß und intensiv. Ex-Bourbon ist weiterhin das Hauptthema. Die Noten der Nase werden hier fortgeführt, wenn auch nicht in vollem Umfang, was ja meistens der Fall ist. Sherry spielt hier wieder die zweite Geige, ist aber stellenweise etwas stärker als noch in der Nase.

ABGANG: Toffee, Erdnüsse und Zimt. Anfangs süß und dann eher trocken ausklingend. Hier habe ich teilweise das Gefühl ich hätte gerade einen Bourbon runtergeschluckt.

KOMMENTAR: Auf jeden Fall zugänglicher und süffiger als der Glenrothes, da dieser hier nicht so bitter ist. Eine schöne Abwechslung zu den vielen Sherrybomben zur Zeit. Qualitativ sehe ich aber beide gleichauf.
86/100