Montag, 30. Dezember 2019

Etwas Glenfarclas zur Weihnachtszeit


In der dunklen Zeit des Jahres passen Sherry-Malts, so wie Glenfarclas sehr gut. Das sind die ersten Glenfarclas' (oder liebevoll "Ferkel" genannt) auf meinem Blog! Ich muss an dieser Stelle auch gestehen, dass ich bisher nur den Standard-12er und -25er getrunken habe. Ich bin also alles andere als ein "Ferkel"-Experte, der jetzt hier große Vergleiche zu diversen Jahrgängen ziehen kann.

Glenfarclas 21 Jahre, Original-Abfüllung (2019), 43%

Reine ex-Oloroso-Sherry-Reifung. Nase: Alles andere als ein Sherrymonster. Cremig, malzig, leicht nussig, Äpfel, Vanille, Karamell, etwas Honig und Zitrus. Angenehme, aber auch nicht sonderlich alt-wirkende Nase. Könnte auch "nur" 18 Jahre alt sein. Gaumen: Für 43% ziemlich intensiv. Cremig, malzig und nussig. Leichte Säure. Abgang: Wieder cremig mit Milchkaffe und leichter Kakaonote. Dazu Malz und etwas Frucht.

Kommentar: Sicherlich nicht der beste Standard-21er, den man bekommen kann, aber definitiv einer, wenn nicht der günstigste mit einem sehr guten PLV. Allerdings muss ich sagen, würde ich empfehlen hier lieber 20-30€ draufzulegen und den 25er zu kaufen (s. weiter unten). 84 Punkte

Glenfarclas 21 Jahre, Original-Abfüllung (ca. 2005), 43%

Reine ex-Oloroso-Sherry-Reifung. Schaut man sich das Flaschen- und Labeldesign an, müsste diese Abfüllung vor ca. 2006 stammen. Was schon in der Sampleflasche auffällt: Die Farbe. Mindestens 2-3 Farbnuancen dunkler. Nase: Das gleiche erzählt auch die Nase. Dunkel. Old-School-Sherry mit viel Liebstöckel. Leder, Kaffe, Kakao, schwarzer Tee, Walnüsse. Leicht säuerlich mit minimal Schwefel. Das ist definitiv eine andere Liga als die aktuelle Version. Gaumen: Muffiger Eindruck. Leder, Pilze, Kaffee und leichter (noch gerade so okayer) Schwefel dominieren hier für mich. Abgang: Muffiges Leder und Pilze werden stärker. Das wird mir jetzt hier etwas zu muffig und dumpf.

Kommentar: Die Nase hat mir noch gut gefallen. Der Rest war mir zu sherrylastig. Definitv kein "easy"-Dram. Diesen krassen (Old-School)-Sherryeinfluss muss man mögen. Bei Michel Couvreur Overaged ist das bei mir auch der Fall, hier eher nicht. 80 Punkte

Glenfarclas 25 Jahre, Original-Abfüllung, 43%

Reine ex-Oloroso-Sherry-Reifung. Nase: Sehr gediegen und gesetzt. Geröstete Haselnüsse, Vanille, Karamell, Vollmilchschokolade, Honig, etwas Rosinen und florale Noten. Sehr schön!. Gaumen: Cremig und süß. Voll und intensiv für nur 43%. Weiterhin geröstete Nüsse, Karamell, Vanille und Vollmilchschokolade. Eine angenehme Eichenwürze macht sich im Mund breit. Abgang: Leicht kribbelig von der Eiche. Trotzdem süß-cremig mit Honig, Karamell und Milchkaffee.

Kommentar: Für ca. 100€ bekommt man hier einen sehr edlen und reifen 25-jährigen Malt. Das gibt es in der heutigen Zeit nicht mehr oft. Zum Vergleich: Andere, vergleichbare, 25er liegen da eher bei 200-300€.  89 Punkte


Glenfarclas 1991 Christmas-Edition 24 Jahre, Original-Abfüllung, 46%

Reine ex-Oloroso-Sherry-Reifung. Nase: Säuerlicher Grundcharakter. Wenig Gemeinsamkeiten mit den Vorgängern (und mit den Folgenden). Zitrone, Malz, Pilze. Dahinter etwas Vanille und Karamell, Leder und etwas Schwefel. Nicht undedingt mein Beuteschema, aber auch nicht unangenehm. Gaumen: Gleiches Aromenspektrum wie in der Nase, allerdings weniger sauer und ein stückweit cremiger. Abgang: Die Cremigkeit nimmt weiter zu. Ansonsten nicht neues. Am Ende des Abgangs bleibt ein etwas komisches, abgestandenes Mundgefühl.

Kommentar: Nicht mein Fall. Zu sauer und zu "hell". Da reicht mir definitiv ein Dram.
75 Punkte



Glenfarclas Family Cask 2002/2018 16 Jahre, Original-Abfüllung, 57.8%

Einzelfaßabfüllung aus einem Sherry-Butt. Nase: Dunkel, reichhaltig, würzig und süß. Geröstete Haselnüsse, Eiche, Rosinen und andere Trockenfrüchte. Dahinter eine Deftigkeit, die an Braten- oder Sojasoße erinnert. Dieser süß-deftige Mix ist sehr angenehm. Gaumen: Spiegelt mehr oder weniger die Nase 1:1 wieder, wobei der Fokus mehr auf den Nüssen und Rosinen liegt. Sehr mundausfüllend, ölig und intensiv. Abgang: Kraftvoll. Hier spielen sich die deftigen Noten wieder deutlich nach vorne. Der restliche Charakter bleibt gleicht.

Kommentar: Ein schöner intensiver, aber nicht zu junger Oloroso-gereifter Malt. Große Ecken und Kanten findet man nicht. Er liefert genau das ab, was ich anhand des Labels vermutet habe. 85 Punkte

Glenfarclas 1990 "Thomas Carlyle" 27 Jahre, Original-Abfüllung, 46%

Reine ex-Sherry-Reifung. Welche Art wird nicht genannt. Ich gehe aber mal von hauptsächlich Oloroso aus. Diese Abfüllung ist die 21ste aus der sogenannten "Persönlichkeiten-Serie", die sich wichtigen schottischen Persönlichkeiten der Vergangenheit widmet. Nase: Erinnert vom Grundstil sofort an den Standard-25er, nur deutlich voller, reifer und intensiver. Deutlich fruchtiger mit Orangenschale. Eine tolle Nase! Gaumen: Sehr cremig und mundausfüllend, geröstete Nüsse und Vollmilchschokolade mit Orangenschale satt. Dazu Malz und Eichenwürze. Abgang: Die Eichenwürze nimmt zu. Es wird minimal kribbeliger von der Eiche. Ansosnten cremig, süß, reif. Mandeln, Haselnüsse, Vollmilchschokolade, Milchkaffe.

Kommentar: Der beste des heutigen Posts. Eine deutlich Steigerung zum 25er. 91 Punkte


Mein heutiges Ranking:
1. "Thomas Carlyle" 1990 27 Jahre
2. Standard-25er
3. Family Cask 2002/2018
4. 21er aus 2019
5. 21er aus ca. 2005
6. Christmas-Edition 1991 24 Jahre

Freitag, 20. Dezember 2019

Weitere 3 Velier Caroni aus 1996 („Heavy“, „Trespassers“, 21y.o. "Extra Strong")


Es geht weiter mit Caronis aus 1996. Dieses Mal mit 3 Abfüllungen von Velier, die immernoch zu halbwegs "vernünftigen" Preisen zu bekommen sind - bezogen auf winter 2019 und der generellen Preisexplosion im Rum-Sektor! Den 21-jährigen bekommt man sogar noch teilweise in "regulären" Shops für ca. 260-300€ (privat ca. 250€). Die beiden anderen nur noch auf dem Privatmarkt, wobei der "Heavy" mittlerweile bei ca. 300€ und der "Trespassers" bei 350-400€ liegen dürfte.

Die Verfügbarkeit, das ähnliche Alter (alle 100% tropisch gereift) und die unterschiedlichen Preise waren für mich der Anlass diese 3 Abfüllungen nebeneinander zu verkosten. Lohnt sich der Aufwand und Preisaufschlag, um sich einen "Heavy" oder "Trespassers" ins Haus zu holen oder "reicht" da der 21-jährige, den ich noch(!) online bestellen kann, völlig aus?

Am Ende des Posts werde ich schlauer sein...

Caroni 21 Jahre 1996/2017 "Extra Strong"

Alk. % vol: 57.18 | Abfüller: Velier | Land: Trinidad

Ca. 7000 Flaschen wurden hiervon 2017 abgefüllt, was die immernoch gute Verfügbarkeit erklärt. Der Angelshare wird mit >85% angegeben. So wie alle "Extra Strongs" gilt er in der Caroni-Gemeinde als runder und gut ausbalancierter Caroni.

Nase: Unverkennbar Caroni. Fahrradschläuche, Autoreifen und Benzin. Und zwar gar nicht so hintergründig. Dahinter Karamell, eine tiefe, schwere Fruchtigkeit (Papaya?) und Eichenwürze, die aber, trotz der 21 tropischen Jahre, noch nicht ins mentholige geht. Eine sehr schöne und harmonische Nase. Hier hat kein Part die absolute Oberhand.

Gaumen: Kraftvoll, süß (leicht fruchtig), Karmell und Gummi. Die Eiche ist hier weiterhin eher im Hintergrund (bitte relatvieren im Sinne von 21 Jahren tropischer Reifung). Nicht sonderlich komplex, aber alles was primär in einem (1996er) Caroni vorhanden sein muss, ist da.

Abgang: Eher "nur" mittellang mit leicht ansteigender Eichenwürze, die minimal in die Mentholrichtung geht. Begleitet von süßer Fruchtigkeit, Karamell und etwas von den typischen dreckigen Caroni-Elementen.

Kommentar: Ein sehr entspannter Caroni. So wie sein 17-jähriger "Extra Strong"-Bruder präsentiert er den (tropisch gereiften) Caroni-Stil sehr zugänglich ohne dabei allzu fordernd zu werden. Wer das nötige Kleingeld hat und sich "mal" seinen ersten Caroni gönnen möchte, der wird hier definitiv nicht enttäuscht!
90 Punkte

Caroni 20 Jahre 1996/2016 100° Proof "Heavy"

Alk. % vol: 57.18 | Abfüller: Velier | Land: Trinidad

3800 Flaschen gab es hiervon. Der Angelshare wird mit >85% angegeben.

Nase: Beim ersten Eindruck etwas unzugänglicher und verschlossener. Die dreckigen Komponenten sind zurückhaltender und die Eichenwürze dominiert. Auch vermisse ich die Fruchtigkeit. Ich lasse den mal lieber noch etwas länger atmen... Nach ca. 30-60 Minuten hat er sich merklich geöffnet. Er präsentiert sich deutlich dunkler, schwerer und komplexer als der 21er. Sattes schweres Karmell, Eiche, Holzlack, Benzin, Motoröl und etwas Gummi. Dahinter Zimt und wieder diese schwere, süße Fruchtigkeit. Papayas, Mangos und Orangenschale. Insgesamt sehr voll und schwer. Eine richtig tolle Nase!

Gaumen: Der Eindruck aus der Nase bestätigt sich auch hier. Voll, schwer und satt. Fruchtigkeit, leichte Süße, Eichenwürze (aber noch kein aufdringliches Menthol) und die üblichen dreckigen Anteile von Gummi, Benzin usw..

Abgang: Ölig, fruchtig-süß, Eiche, intensiv und mittel-lang bis lang. Gummi und Benzin sind hier nicht nur noch sehr hintergründig vorhanden. Am Ende blitzt etwas Menthol auf, was ich hier aber sehr angenehm und als eine toller Ergänzung empfinde. (Ein zu starker Mentholeinschlag bei langer tropischer Lagerung empfinde ich ansonsten eher störend).

Kommentar: Wie schon mehrfach geschrieben. Deutlich dunkler, schwerer und voller als der 21er, was ihn in meinen Augen ein gutes Stück über den 21er stellt.
94 Punkte

Caroni 20 Jahre 1996/2016 Full Proof "Trespassers"

Alk. % vol: 70.1 | Abfüller: Velier | Land: Trinidad

3038 Flaschen gab es hiervon aus 11 Fässern. Der Angelshare wird mit >85% angegeben.

Nase: Sehr verschlossen zu Beginn. Da kommt bis auf etwas Karamell, Haselnüsse und Alkoholdämpfe nicht viel durch. Ich verdünne ihn mit ein paar wenigen Tropfen Wasser auf ca. 67% und lasse ihn atmen. Als sich nach über einer Stunde nur wenig getan hat, gebe ich nochmal ein bisschen Wasser hinzu. Wir sind jetzt vielleicht auf 63-65% runter. Nach insgesamt ca. 2 Stunden entspannt der sich endlich. Jetzt kommen fettes Karamell, schwere, satte Eiche, Leder, Kirschen, Motoröl und Benzin. Insgesamt wuchtiger und dunkler als der "Heavy", aber auch ein gutes Stück verschlossener.

Gaumen: Intensiv und mundausfüllend. Eine tolle Kombination aus fruchtiger und karamelliger Süße zusammen mit Gumminoten. Erinnert mich an dieser Stelle an den 12-jährigen Rendsburger Bürdermeister Caroni. Was in der Nase etwas verhalten war, wird hier wieder ein gutes Stück aufgeholt.

Abgang: Etwas trockener werdend mit ordentlich Eiche. Dazu Fruchtigkeit und etwas Motoröl und Gummi. Mittel-lang bis lang.

Kommentar: Der braucht definitiv Zeit und Wasser, sonst ist das Geld für eine Flasche davon verschossen. Hat man vor den entspannt abends auf der Couch zu trinken, muss man einplanen den bereits beim Kochen abends einzuschenken und zu lüften ;-) Spontan ist da nicht!
91 Punkte


Mein erster Platz für heute Abend steht fest: Der 20-jährige "Heavy" ist ein toller Rum und ein toller Caroni. Hier kommt vieles zusammen. Er ist relativ schnell und gut zugänglich (mit etwas Zeit zum Atmen!), bietet trotzdem eine tiefe Komplexität und hat alles was ein Caroni braucht!
Beim zweiten und dritten Platz bin ich mir etwas unsicher. Die Wuchtigkeit und Intensität des 20-jährigen "Trespassers" spielt definitiv eine gute Liga über dem 21-jährigen "Extra Strong". Allerdings ist der 21er mehr oder weniger sofort offen und zugänglich. Die beiden sind auf jeden Fall sehr unterschiedlich, von daher darf man die Gleichstellung in meinem Ranking nicht falsch verstehen.

Montag, 16. Dezember 2019

Monymusk Velier & Scheer (Tropical vs. Continental)



Nach längerer Zwangspause wegen einer fiesen Bronchitis geht es hier auf dem Blog endlich weiter. Und zwar mit einem bzw. zwei neuen Releases von Velier in Kooperation mit dem alteingesessenen Broker Scheer aus Amsterdam. Die Rede ist von 4 Flaschen Jamaika-Rum von Monymusk. Ein Paar mit 11 Jahren und dem Mark MMW und ein Paar mit 14 Jahren und dem Mark EMB. Das Besondere daran: Jeweils ein Rum eines jeden Paares ist komplett tropisch gereift auf Jamaika und der andere komplett in europäischem Klima. So eine Vergleichsmöglichkeit gab es bisher noch nicht für uns Rum-Nerds.