Montag, 14. Januar 2019

Jüngere Hampden-Rums von mild bis High-Ester

Hamden in Jamaika gehört zu meinen absoluten Lieblings-Destillerien. Da bin ich auch nicht der einzige Spirituosen-Freund, dem das so geht. Für die jenigen, denen Hampden- oder Jamaika-Rums generell kein großer Begriff sind, eine ganz kurze und grobe Mini-Zusammenfassung:
Die Fermentation ist i.d.R. mehrere Wochen lang und findet in offenen Gärbottichen durch Wildhefen statt. Die Säure in der Maische verbindet sich über die lange Fermendationsdauer mit dem Alkohol zu Ester. Esterverbindungen haben ein starkes Aroma; von fruchtig bis hin zu Lösungsmitteln. Destilliert wird üblich in Pot-Stills aus Kupfer. Die Destillate sind i.d.R. ziemlich wuchtig, ölig und voll.

Der erste Teil enthält Rums, die noch relativ jung sind. Dabei könnte man sich streiten, ob 7 Jahre tropische Reifung eigentlich ähnlich wie 16 Jahre Reifung in Europa ist (Das spare ich mir mal für einen separaten Post auf). Das habe ich jetzt hier mal ignoriert und bin bei der Aufteilung rein nach den Zahlen gegangen.

Echter Jamaika-Rum, "vom Fass"-Abfüllung, 40%, 1 Jahr alt

Witziger Weise hatte mich dieser Rum so richtig zu Jamaika und Hampden geführt. Ich hatte mir im Frühling 2018 in einer "vom Fass"-Filiale 10cl dieses Rums mitgenommen. Offiziell stand da nur "Echter Jamaika Rum", keine Angabe zur genauen Herkunft. Leider auch 40%, egal. Mittlerweile bin ich mir zu 100% sicher, dass das ein Hampden ist. Die Nase ist tropisch fruchtig, mit viel Ananas (leicht vergoren) und etwas Lösungsmitteln. Etwas Anis im Hintergrund. Verblüffend schön für eine sehr preiswerte "vom Fass"-Abfüllung (1,99€/10cl). Im Mund merkt man dann erstens die brutalen 40%, die den Rum natürlich komplett ersaufen. Zweitens wird das nicht das beste Batch bewesen sein, was sich hier "vom Fass" gekauft hat. Etwas alkoholisch und bitter. Trotzdem noch eine tropische Fruchtnote. Ich gebe diesem Rum hier keine Wertung, da es glaub ich unnötig ist. Eins ist aber toll an diesem Rum: Er hat mich für Hampden und Jamaika-Rum generell begeistert. So gut ist er dann doch, dass ich sofort das Potenzial erkannt habe. --/100

Rum Fire Velvet Overproof, Orig.-Abfüllung, 63%, weiß

In der Nase habe ich viel Anis, eine gewisse Tranigkeit, Lösungsmittel und eine leichte Gemüsenote. Im Mund dann ölig und kraftvoll. Erinnert mich entfernt an Grappa. Etwas vergorene Früchte (aber keine Ananas), etwas süß und zugleich salzig. Der Abgang ist mittel-lang, leicht bitter, salzig mit etwas Anis wieder. Kein Rum, den ich jetzt häufiger pur trinken möchte, aber absolut trinkbar für 63%. Ist denke ich aber auch nicht zum Pur-Trinken gedacht.
Auch hier spare ich mir die Wertung.
--/100

Pure Single Jamaican Rum,  Orig.-Abfüllung, 46%, 7 tropische Jahre alt

In der Nase habe ich Laktritz (die Anis-Noten des vorgängers sind durch dir Reifung anscheinend zu Lakritz geworden), Banane, Ananas, Vanille, und etwas Teer (Jup, so wie bei Caroni, nur eben ein Bruchteil davon). Insgesamt wirkt die Nase süß, leicht und zugleich schwer. Im Mund weiterhin süße Lakritz, Banane, etwas Ananas. Im Abgang süß, salzig und mit einer leichten "olivigen Gumminote". Wer bereits Hampdens von unabhängigen Abfüllern kennt, erkennt Hampden hier nicht sofort wieder. Es ist was anderes, ruhigeres, gesetzteres. Kein High-Ester-Monster.
89/100

Overproof Pure Single Jamaican Rum,   Orig.-Abfüllung, 60%, 7 tropische Jahre alt

Es ist tatsächlich so, wie man es oft liest: Die Overproof-Version ist deutlich verschlossener. Mit Wasser auf ca. 50% verdünnt und einigen Minuten im Glas, schält sich hier so langsam die 46er-Version raus. Ich gebe die gleiche Wertung wie dem 46er, obwohl ich diese Version etwas überflüssig finde. Aber es bleibt ja letztendlich ein sehr guter Rum. Oder vielleicht sogar der gleiche, wenn man ihn auf 46% verdünnt??
 89/100

Ramseyer's Secret Cask,  Einzelfass 2013, 51,8%, ca. 3-4 Jahre alt

Die Nase ist schön intensiv und warm. Süß-säuerlich mit Früchten wie Pflaumen, Bananen, Mangos. Dazu Zimt und Vanille, Laktritz. Etwas Olivenöl und etwas Salz. Im Mund dann sehr kraftvoll mit Zimt, Bananen, Salz und Lakritz. Der Abgang ist mittel-lang und etwas bitter/salzig-werdend. Ein sehr schöner Hampden für einen sehr fairen Preis. Auch wieder keine High-Ester-Bombe, aber schon auf dem Weg dahin ;-)
 90/100

Hampden 2007 10 Jahre, Kill Devil, 62,5%

Ist wohl als Art Testlauf entstanden, da die Destillerie 2007 noch geschlossen war. Hier sind wir definitiv im High-Ester-Bereich ganz oben. Die Nase ist krass und herrlich! Terpentin, Klebstoff, eine gewisse Fruchtigkeit ist trotzdem stark präsent. Auf jeden Fall haben diese Früchte ihre besten Tage schon lange hinter sich. Aber keine Ananas oder Banane. Irgendetwas an dem Geruch erinnert mich auch an Mottenkugeln. Es klingt nicht so, aber es macht Spaß das alles zu riechen! Der Mund spiegelt die Nase wieder. Es fällt mir schwer das zu beschreiben. Ich weiss (zum Glück) nicht wie Terpentin und artverwandtes schmeckt. Der Abgang ist lang und verrückt. So ist auch der ganze Rum. Das kann man niemandem beschreiben, der solche High-Ester-Rums nicht kennt. Auch hier ist es wieder schwer zu bewerten. Mir gefällt er sehr sehr gut, aber jeden Tag könnte ich ihn auch nicht trinken.
 92/100