Donnerstag, 23. Mai 2019

Etwas Ron aus Mittelamerika und Venezuela

Dieser Teil der Karibik wurde bisher hier völlig ausgelassen. Das hat auch gute Gründe, denn werden in den meisten Ländern Mittelamerikas ziemlich leichte, Multi-Column-Rums hergestellt. Als Original-Abfüllungen meist auch noch auf 40% verdünnt, ordentlich gezuckert und mit pseudo Altersangaben versehen. Entspricht alles nicht meinem Beuteschema was Rum und Spirituosen generell angeht.

Botucal Reserva Exclusiva (Venezuela), Original-Abfüllung, 40%

Hier haben wir es mit dem berühmt, berüchtigten Feind des Rum-Enthusiasten zu tun. Er fehlt in keiner der üblichen "Top-10-Listen". Sein Erfolgsrezept sind ca. 44 gr/l Zucker, extra hinzugefügtes Vanillin und Glycerin. Also eigentlich ein Spiced-Rum, der leider nicht als solcher deklariert ist. Die Nase ist schwer, dunkel und aromatisch. Pflaumen- und Kirschlikör, Vanille, Schokolade, Rosinen und Zimt. Eigentlich eine recht schöne Nase. Das grundsätzliche Aromenspektrum gefällt mir gut. Nur leider weiss ich nicht, was davon jetzt der Rum ist und was "Geheimrezepte". Die Vanille kommt nachgewiesener Weise nicht aus Fässern, sondern aus dem Trickkasten. Bei dieser Pflaumen- und Kirschfracht würde es mich auch nicht wundern, wenn da ordentlich nachgeholfen wurde. Im Mund zerfällt das Ganze dann etwas. Extreme Süße. Trotzdem leicht alkoholisch. Dazu die jetzt deutlich künstlicher wirkenden Vanille- und Fruchtaromen. Ein extrem süffig-süßer Whisky, der im PX-Sherry-Faß reifte, ist staubtrocken dagegen. Der eigentliche Abgang ist recht kurz. Was lange im Mund bleibt, ist die Süße. Es wird wiedermal klar, warum dieser Rum immer wieder heftige Debatten auslöst. Er ist auf seine Art und Weise lecker und süffig. Das kann man nicht abstreiten. Er hat meiner Meinung (und die vieler anderer Rum-Freunde) aber nichts in der Kategorie "Rum" zu suchen. Es ist ein Likör oder Spiced-Rum. Auf einer Flasche Baileys steht ja auch nicht "Single Malt Whisky" drauf.
★★★★★ 3/10

Nicaragua 12 Jahre (Green Label), Cadenhead's, 46%

Vermutlich aus der "Compania Licorera", die den "Flor de Cana" herstellt. In der Nase Kokos, etwas Karamell, Trockenfrüchte und kühlendes wie Minze. Im Mund gehts dann weiter mit Karamell, dazu Schokolade und Kirsche. Die 46% sind leider etwas schwachbrüstig. Im kurzen bis mittel-langen Abgang dominieren Kokos und Minze. Abolsut okay, aber mehr auch nicht.
★★★★★★★ 5/10


Nicaragua 16 Jahre 1999/2016, The Rum Cask, 56.3%

Auch hier vermutlich aus der "Compania Licorera", die den "Flor de Cana" herstellt, die eine der wenigen Original-Abfüllungen dieser Region ohne Zuckerzugabe ist! Hier habe ich insgesamt ein sehr ähnliches Bild wie beim Cadenhead. Nur alles etwas kräftiger und reifer. 4 Jahre älter und 12% weniger Wasser sind deutlich spürbar. Alles wieder absolut okay, aber leider auch etwas langweilig.
★★★★★★★ 5/10

Rum Malecon (Panama) Reserva Imperial "25 Jahre", Original-Abfüllung, 40%

Dieser Rum reifte laut Etikett 25 Jahre. Die Formulierung "Anejo 25 anos" ist zumindest keine Fake-Altersangabe. Ob hier wirklich der jüngste Tropfen in der Flasche 25 Jahre alt ist (und im tropischen Klima Panamas lag), bezweifle ich an dieser Stelle einfach mal. Denn für 70cl zahlt man ca. 60€, was verdächtig wenig ist. Zum Vergleich zwei gut verfügbare (echte) 21-jährige, der Appleton Estate 21 und der El Dorado 21 kosten ca. 80-90€. Aber schauen wir mal ins Glas... Die Nase ist etwas zurückhaltend (liegt vermutlich auch an den 40%), aber hat trotzdem was zu bieten. Leder, eine gewisse Erdigkeit, geröstete Nüsse, Kakao. Komischer Weise einen leichten Alkoholstich. Im Mund kommt recht stark Kaffee und Eiche dazu. Kräftiger als die Nase. Auch etwas Kokos ist dabei. Es wurde definitiv nachgezuckert, aber nicht allzu übertrieben. Würde auf ca. 15 gr/l schätzen. Der Abgang ist kurz bis mittel-lang mit einer leichten Eichenbitterkeit. Ob der jetzt tatsächlich 25 Jahre alt ist, weiss ich nicht, aber ich vermute mal, dass der Hauptanteil schon einige Jährchen auf dem Buckel hat. Von den Original-Abfüllungen des "spanischen"-Stils ist diese hier auf jeden Fall eine der besseren!
★★★★★★★ 5/10

Panama 13 Jahre (Don Jose) 2004/2017, The Rum Cask, 55.5%

Die "Don Jose"-Destillerie füllt als Original-Abfüllung die "Ron Abuelo"-Reihe ab. Probiert habe ich bisher noch keinen dieser Rums, sie sind aber auch bekannt für eine Nachzuckerung (je nach Abuelo-Version ca. zwischen 15 und 30 gr/l). Dieser hier ist in Faßstärke, ohne Zucker und ohne Farbstoff. In der Nase ein etwas kitzelndes, minimal stechendes Gefühl vom Alkohol. Dahinter Karamell, Schokolade, Rosinen, etwas Nussigkeit und etwas holzig-kräuteriges, was mich ganz entfernt an Gin erinnert. Etwas Klebstoff und Lösungsmittel sind auch dabei. Bisher gefällt mir Panama besser als Nicaragua. Also die Rums. Der Mund bietet nichts neues. Der Alkohol wirkt auch hier zuerst wieder recht feurig, wird aber zunehmend süßer im Geschmack. Der Abgang wird etwas öliger und erneut süßer und ist mittel-lang. Insgesamt hat mir dieser hier bisher am besten gefallen.
★★★★★★★ 6/10

Zacapa "Systema Solera 23" (D.A.R.S.A), Original-Abfüllung, 40%

Hier gilt die gleiche Vorrede wie beim Botucal, allerdings hat dieser hier deutlich weniger Zucker mit ca. 20-25 gr/l. Hier passiert nicht viel in der Nase. Kokos, Rosinen und Karamell. Alles sehr leicht. Bis jetzt kann ich den Bestseller-Status in der breiten Masse nicht nachvollziehen. Im Mund kommt noch eine gute Ladung Schokolade hinzu. Er ist tatsächlich deutlich weniger süß als der Botucal, aber der besagte PX-Whisky ist hier immer noch recht trocken dagegen. Mal wieder spürt man hinter der Süße den Alkohol, obwohl nur 40% davon enthalten sind. Der Abgang ist dominiert von Schokolade und Karamell. Auch hier wieder eher kurz bis mittel-lang und süß. Wenn schon Fake-Rum, dann würde ich zum Botucal greifen. Deutlich billiger und vollgestopft mit Aromen.
★★ 1/10

Guatemala (D.A.R.S.A) 8 Jahre, Kill Devil, 46%

Dies hier ist quasi der authentische Zacapa. Zwar nicht in Guatemala gereift, sondern in Europa, aber ansonsten aber ohne Zusätze und mit immerhin 46% abgefüllt. In der Nase viel Kokos, Pflaume, exotische Früchte, Minze, etwas Lösungsmittel, Vanille und Karamell. Nach einer Weile dominiert die Kokosnuss leider etwas zu stark. Im Mund geht es weiter mit Kokos, Vanille, Karamell und Rosinen. Auch hier dominiert die gute alte Kokosnuss. Der Abgang ist kurz bis mittel-lang und recht unspektakulär. Ein leichter, unkomplizierter Rum.
★★★★★★★ 5/10