Montag, 16. Dezember 2019

Monymusk Velier & Scheer (Tropical vs. Continental)



Nach längerer Zwangspause wegen einer fiesen Bronchitis geht es hier auf dem Blog endlich weiter. Und zwar mit einem bzw. zwei neuen Releases von Velier in Kooperation mit dem alteingesessenen Broker Scheer aus Amsterdam. Die Rede ist von 4 Flaschen Jamaika-Rum von Monymusk. Ein Paar mit 11 Jahren und dem Mark MMW und ein Paar mit 14 Jahren und dem Mark EMB. Das Besondere daran: Jeweils ein Rum eines jeden Paares ist komplett tropisch gereift auf Jamaika und der andere komplett in europäischem Klima. So eine Vergleichsmöglichkeit gab es bisher noch nicht für uns Rum-Nerds.
Einen winzig-kleinen Wehmutstropfen gibt es allerdings. Es handelt sich bei den Rums nicht um das gleiche Batch. Lediglich die jeweiligen Marks sind gleich und die Jahrgänge ähnlich bis identisch. Somit ist davon auszugehen, dass ein paar Unterschiede einfach den unterschiedlichen Batches bzw. Jahrgängen geschuldet sind.

Mark MMW - "Monymusk Wedderburn"

Das Mark MMW ist ein sg. Wedderburn und das Destillat muss nach der Destillation einen Estergehalt zwischen 200-300 gr pro Hektoliter Alkohol aufweisen.

Monymusk 11 Jahre MMW "kontinental", Velier & Scheer, 63.9%

Hier wurden 2 Fässer aus 2008 und 10 Fässer aus 2007 vermählt. Der Estergehalt liegt bei 243 gr/hlpa.

Nase: Lösungsmittel. Dazu ein erster Eindruck von jüngerem Weinbrand wie Cognac oder Armagnac, d.h. vergorene Trauben, Federweißer. Dazu matschige Quitten und Birnen. Insgesamt recht parfümierter und heller Charakter. Eiche hat der nicht viel gesehen in den 11 Jahren. Er sieht aus wie Weißwein und ich habe auch keinerlei Eichenwürze. Ich empfinde die Nase dennoch als angenehm. Gaumen: Jung, säuerlich und intensiv. Leicht brennend. Grüne Banane und Kräuter. Leicht alkoholisch. Erinnert mich hier an eine Mischung aus jungen Worthy Parks und Port Mourants. Abgang: Cremig und leicht metallisch in einem. Kräuter und Säure.

Kommentar: Die Nase hat mir noch gut gefallen, aber am Gaumen war mir der Gute dann zu "hell", sauer und kräuterig. Eine ganze Flasche hiervon würde bei mir nie leer werden! 78 Punkte

Monymusk 11 Jahre MMW "tropisch", Velier & Scheer, 69.1%

Hier wurden auch 2 Fässer aus 2008 und 10 Fässer aus 2007 vermählt. Der Estergehalt liegt bei 315 gr/hlpa.

Nase: Was sofort auffällt ist der deutlich dunklere und reifere Charakter. Hier haben die Eichenfässer ihre deutlichen Spuren hinterlassen. Auch in der Farbe. Karamell, Vanille, Nüsse, Zimt und Trockenfrüchte. Daneben Lösungsmittel und Möbelpolitur. Ich habe immernoch eine gewisse Weinbrandassoziation. In diesem Fall zu einem älteren Armagnac. Allerdings ist die Fruchtigkeit seines europäischen Bruders fast nicht mehr vorhanden. Die Nase gefällt mir sehr gut! Gaumen: Die Unterschiede in der Nase ziehen sich hier konsequent fort. Starker Eicheneinfluss mit Möbelpolitur, Walnüsse, leichte Bitterkeit. Im Hintergrund so etwas wie Banane. Er wirkt um einiges reifer und harmonischer. Der Alkohol ist sehr gut eingebunden. Abgang: Hier dominieren Möbelpolitur und ein ordentlicher Schub Anis.

Kommentar: Der holt mich um Welten mehr ab als der Vorgänger, allerdings fehlt es mir hier etwas an Süße und Fruchtigkeit. Lösungsmittel, Möbelpolitur und generell "Eiche" bilden ein recht trockenes Gesamtbild. 83 Punkte

Mark EMB

Das Destillat für ein EMB-Mark muss nach der Destillation einen Estergehalt zwischen 125-175 gr pro Hektoliter Alkohol aufweisen und ist damit eher im niedrigen Esterbereich bezogen auf Jamaika.

Monymusk 14 Jahre EMB "kontinental", Velier & Scheer, 64.8%

Hier wurden 12 Fässer aus 2004 auf die Flasche gebracht. Der Estergehalt liegt bei knappen 130 gr/hlpa.

Nase: Ähnelt dem 11-jährigen MMW aus Europa sehr stark. Den niedrigeren Estergehalt merkt man an weniger Lösungsmitteln und weniger Fruchtigkeit. Er wirkt auch etwas reifer und "ruhiger". Die Früchte gehen hier teilweise eher in Richtung Banane und gelbe Pflaume. Gaumen: Spiegelt sehr gut die Nase wieder, wobei die Banane sich hier sehr deutlich in den Vordergrund spielt. Abgang: Cremig, süß. Banane und irgendwie schokoladig (cremig süße Vollmilch).

Kommentar: Gefällt mir viel besser als sein europäischer MMW-Bruder, da hier Säure und Kräuter durch Süße und Cremigkeit ersetzt wurden. 80 Punkte

Monymusk 14 Jahre EMB "tropisch", Velier & Scheer, 69.7%

Hier wurden 10 Fässer aus 2006, 2 Fässer aus 2004 und 4 Fässer aus 2002 vermählt. Demnach müsste die korrekte Altersangabe eigentlich 13 Jahre sein, denn der jüngste Anteil ist aus 2006 (2019 - 2006 = 13). Naja wollen wir mal nicht so sein. Es sind ja auch ein paar ältere Fässer dabei. Der Estergehalt liegt bei 324 gr/hlpa.

Nase: Voll, dunkel, reichhaltig und einnehmend. Lösungsmittel, Möbelpolitur, Orangenschalen, Marzipan, Leder, etwas Teer. Leichte Grasigkeit. Richtig gut! Gaumen: Deutliche Eichenwürze mit Menthol, Leder und leichte Bitterkeit. Dazu etwas Banane. Die Grasigkeit wird stärker. Wo die jetzt herkommt ist mir schleierhaft, ist sie doch eigentlich ein "Agricole-Phänomen". Abgang: Die Eichenwürze wird immer dominanter. Die Mentholnote überschreitet ein klein-wenig meine Komfortzone.

Kommentar: Trotz der intensiven Mentholnote am Gaumen, bleibt das für mich der Sieger des Abends. Die Nase gefällt mir dafür einfach zu gut! 85 Punkte

Man wird es vermutlich gemerkt haben: So richtig begeistert bin ich insgesamt nicht. Ich finde der Unterschied zwischen tropischer und europäischer Reifung wurde hier etwas zu drastisch und plakativ dargestellt. Man könnte hier den Eindruck gewinnen, dass selbst nach 14 Jahren in Europa Rums fast keine Eichennoten abbekommen, was vielleicht für diese Abfüllungen stimmt, aber es gibt genügend 100%-kontinental gereifte Rums, die nach deutlich unter 20 Jahren schon eine schöne Reife zeigen.
Mein deutlicher Sieger ist der 14-jährige EMB, der auf Jamaika reifen durfte. Danach reiht sich, mit etwas Abstand allerdings, sein 11-jähriger MMW-Bruder ein. Klarer Verlierer war für mich der 11-jährige MMW mit europäischer Reifung.