Samstag, 27. Juli 2019

6 weitere Caroni-Rums aus 1998


Der Jahrgang 1998 gilt unter Nerds als ein eher "harmloser", was die dreckigen Caroni-Aromen betrifft und als etwas durchwachsen. Allerdings ist 1998 auch bekannt für den harmonischen und tollen 17-jährigen"Extra Strong" von Velier und für das tolle Dezember-Batch, aus dem ich hier bereits 3 Abfüllungen probiert habe. Besonders interessant finde ich den heutigen Vergleich zwischen dem besagten 17er „Extra Strong“ und dem 21-jährigen von The Duchess. Beide wurden im Februar 1998 destilliert, was erstmal auf eine ähnliche Grundcharakteristik schließen lässt. Allerdings ist die Velier-Abfüllung ein „Blend“ aus mehreren Fässern (30+?), die tropisch gereift sind, während die Abfüllung von The Duchess überwiegend in Europa gereift ist und ein Einzelfaß ist.

P.S.: Wer hier zufällig sehnsüchtig (😉) seit Wochen auf den nächsten Whisky-Post wartet, den muss ich leider erstmal etwas vertrösten. Ich plane erstmal etwas Caroni "abzuarbeiten" und 3 der neuen 2019er-Abfüllungen von Foursquare hier zu verkosten. Im Sommer habe ich einfach mehr Lust auf Rum. Danach gibt es aber ein paar Posts zum Thema Whisky, versprochen. Genauer gesagt geht es dann erstmal weiter mit Posts zum Thema Clynelish und Bruichladdich!

Caroni 20 Jahre (01/1998 - 06/2018), Cadenhead's, 62.5%

Zum Anwärmen erstmal eine Single-Cask-Abfüllung aus dem Januar-Batch, aus dem es viele von verschiedenen unabhängigen Abfüllern gibt. Januar gilt gemeinhin eher als das "schwarze Schaf" von 1998, aber schauen wir mal selbst... Die Nase macht recht schnell auf und lässt unverwechselbar einen Caroni erkennen. Allerdings sind die typischen Aromen von Asphalt/Teer, Gummi, Tankstelle leicht muffig und verschwommen im Hintergrund. Neben dieser leichten Muffigkeit bekomme ich Gewürze/Samen wie Anis und Fenchel und etwas Minze. Etwas Karamell schwingt im Hintergrund noch mit. Die Nase ist eigentlich recht angenehm, aber eben (wie schon oft gelesen) nicht der große Caroni-Burner. Im direkten Vergleich zum Dezember-Batch fällt sofort die fehlende Fruchtigkeit (Orangenschale) und die "Muffigkeit" und "Verschwommenheit" der dreckigen Caroni-Aromen auf. Im Mund bekomme ich nach Gummi, Karamell und Eiche nicht sonderlich viel geboten. Der Abgang bringt dafür mit einem anfänglichen kleinen Burst von Orangenschale wieder etwas mehr Pepp rein. Ist aber eher maximal mittel-lang. In der Tat scheint das Januar-Batch nicht die goldene Stunde von Caroni gewesen zu sein. Dennoch hat mir der Rum gefallen! 84 Punkte

Caroni 1998/2014, Rum Nation, 55%

Aus welchem Monat dieser hier stammt, wird nicht genauer genannt, aber der 18-jährige von Rum Nation mit 5.836 Flaschen, der auch aus 1998 ist, wird mit Juni angegeben, was schließen lässt, dass diese Abfüllung aus dem gleichen Batch stammt, nur 2-3 Jahre früher abgefüllt wurde. Diese Abfüllung hatte auch immerhin 4.850 Flaschen. Nach 9 Jahren Reifung auf Trinidad wurden die Fässer in Europa in "hand-selected sweet casks" umgefüllt.
In der Nase ist auch hier Caroni zu spüren, aber irgendwie stark "verzerrt". Die so typischen Gummi-Aromen gehen hier eher in die Richtung verbranntes Plastik, was deutlich weniger "schön" ist als die Fahrradschläuche und Autoreifen. Asphalt/Teer ist eher schwach bis kaum im Hintergrund wahrzunehmen. Ich tippe auf eine Nachreifung in Sherry-Fässern, da ich deutlich muffige Noten von Nüssen, Hefe, Schwefel und Rosinen wahrnehme, die mir in Kombination mit Caroni nicht so gut gefallen. Gerade das verbrannte Plastik in Kombination mit Schwefel macht mir zu schaffen. Im Mund wird es etwas besser, aber der Grundtenor bleibt. Der Abgang ist recht süß und flach und wenig aussagekräftig. Das war nichts und erklärt auch warum die Preise für Rum Nation-Caronis nicht so hochklettern im Vergleich zu anderen Abfüllern. 75 Punkte

Caroni 17 Jahre (02/1998 - 2015), Velier, 55%

Nach dem 12- und 15-jährigen "Extra Strong"-Abfüllungen war das die dritte dieser Serie. Wieviele Flaschen es davon gab, wurde nicht offiziell genannt, bei dem Blog-Artikel Caroni 10 Days II werden allerdings ca. 9.000 angegeben. Der 17er gilt oft als Caroni-Einstiegsdroge, so auch bei mir Mitte 2018 durch ein Sample. Wollen wir mal sehen warum... In der Nase habe ich einen sehr warmen und vollen Grundcharakter. Karamell, Milchschokolade, Kirschen, Orangenschale, Marzipan und (etwas im Hintergrund) die typischen Aromen von Asphalt/Teer, Gummi und Tankstelle. Die dreckigen Caroni-Aromen sind klar zu erkennen und nicht verzerrt, wie etwa beim Rum Nation oder muffig wie beim Cadenhead's, allerdings sind sie eingewoben in den Rest und spielen eher die zweite Hauptrolle, von Nebenrolle möchte ich hier noch nicht sprechen. Im Hintergrund habe ich auch hier wieder so etwas wie Fenchel und Anis. Die Aromenvielfalt ist zum einen komplex, aber auch leicht zugänglich und angenehm zugleich. Man muss sie sich nicht 2 Stunden lang erarbeiten. Bisher in diesem Post mit Abstand die beste Nase! Im Mund geht das genauso weiter, wobei die dreckigen Aromen in Verbindung mit Karamell etwas anziehen. Kräftig, intensiv und würzig. Der Alkohol ist super eingebungen. Lässt man ihn eine Weile im Mund, wird der Holzeinfluss durch eine leichte Bitterkeit (Kaffee, Leder) immer deutlicher. Der Abgang bleibt leicht bitter mit Kaffee und Leder und ist lang. Eine leichte karamellige Süße bleibt aber stets im Mund. Ein toller Rum!

Wer nach einer echten Dreckschleuder an Caroni sucht, dem würde ich bei dem aktuellen Maktpreis von diesem hier von ca. 200€ doch eher empfehlen nach einer (noch erhältlichen) Kill Devil-Abfüllung aus 12/1998 aus meinem eingangs erwähnten Dezember-Post zu schauen. Ansonsten ist jedem Rum- oder Spirituosenliebhaber nur zu empfehlen sich eine Flasche oder wenigstens ein Sample zu besorgen. Der aktuelle Marktwert von 200€ ist selbstverständlich ganz schön ausgereizt, aber das ist ja und wird zunehmend immer mehr die Regel bei Caroni. Man muss aber auch dazu sagen, dass z.B. im Whisky-Bereich es etliche Abfüllungen gibt, die ähnlich oder sogar mehr kosten und deutlich weniger Abliefern und zugleich nicht so unverwechselbar sind! 90 Punkte

Caroni 21 Jahre (02/1998 - 2019), The Duchess, 64.1%

Hier haben wie es, wie eingangs erwähnt, vermutlich mit dem gleichen Batch zu tun wie beim 17er "Extra Strong" von gerade. Die Nase ist anfangs recht verschlossen, was nicht verwunderlich ist bei 64% Fassstärke. Ich lasse ihn mit etwas Wasser weiteratmen... Nach ca. 30 Minuten ist der dann voll da. Die Nase ist schon ähnlich zu seinem Februar-Bruder. Die dreckigen Aromen sind wieder deutlich klarer als im Januar, allerdings ist dieser hier im Vergleich zum 17er etwas mehr auf der dreckigen Seite. Auch die Anis- und Fenchelnoten sind etwas stärker. Die runden Karamell-, Milchschokoladen- und Vanillenoten sind nicht so stark. Ich denke das liegt an den unterschiedlichen Reifungen. 17 Jahre im tropischen Klima hinterlassen einfach mehr Holzeinflüsse wie Karamell, Kakao, Vanille und mildern den Brennereicharakter stärker ab. Der Geschmack im Mund und im Abgang ist wieder ähnlich und es gelten die gleichen Unterschiede. Insgesamt ist dieser einen Hauch dreckiger, aber dafür auch etwas weniger komplex und voll wieder 17er von Velier. Da hat der Velier dann doch spürbar die Nase vorn in der Gesamtwertung. 87 Punkte

Caroni 16 Jahre Full Proof (1998/2014), Velier, 64.5%

Der 1998 Full Proof ist das Gegenstück zum 16-jährigen High Proof "No Smoking" aus 1998, von dem ich leider kein Sample organisieren konnte, was sehr schade ist, da ich öfter auf Blogs gelesen habe, dass der "No Smoking" um Längen besser sein soll. Sogar, dass der Full Proof eher nicht so der Bringer sein soll. Wie dem auch sei. Ich werde gleich schlauer sein... Die Nase erinnert sofort stark an den Cadenheads' aus Januar 1998. Allerdings ist dieser hier etwas voller und intensiver. Auch habe ich eine leichte Nussigkeit. Die Caroni-Aromen bleiben aber dennoch etwas muffig und schwach im Hintergrund. Was aber auffällt ist, dass dieser hier deutlich länger "durchhält" als der Cadenhead's. Die Aromen bei letzterem fangen an nach ca. 1 Stunde deutlich schwächer zu werden und zu verfliegen. Auch im Mund hat der hier die Nase vorn (hehe) und ist etwas komplexer und kräftiger. Der Abgang ist auch ein gutes Stück länger und es kommen nochmal etwas die dreckigen Aromen in Kombination mit einem Aufflackern von Orangenschale und Milchschokolade auf. 85 Punkte

Caroni 19 Jahre (1998? - 2017), Berry Bros. & Rudd, 59.1%

Die Flasche enthält eigentlich keine Infos zum Destillationsjahr, geschweige denn Monat. Da aber diese Abfüllung zum 25. Jubiläum von Haromex am 04/2018 auf den Markt kam, ist bei 19 Jahren Alter eine Zeitspanne von ca. 05/1998 bis 04/1999 für die Destillation möglich. Schade, dass BBR keinerlei Informationen rausrückt! Da ich keinerlei Samples von 1999er Caronis habe und auch noch nie einen probiert habe, weiss ich nicht, ob der hier vielleicht eher zu 1999 gehört. Egal, ich packe ihn einfach in diesen Post und schaue, was der Vergleich mit den anderen (gesicherten) 1998er bringt. In der Nase dominieren sofort Fenchel und Anis. Dazu modriges Holz. Aber sowas von heftig, dass ich die dreckigen Töne fast gar nicht wahrnehme. Er hat auch was stark mineralisches irgendwie. Im Mund wird dann Caroni durch stärkere Gummi und Asphaltnoten unverwechselbar deutlich. Auch die so typische Süße kommt dazu. Der mittel-lange Abgang ist ziemlich würzig und voll. Zum einen ist durch diese muffige Art der dreckigen Aromen druchaus eine Ähnlichkeit mit den anderen 1998ern zu erkennen, aber ich irgendwie ist der auch anders als die anderen. Vielleicht doch ein 1999er...? Auf jeden Fall gefällt mir dieser als Caroni nicht so gut, dafür aber als Rum deutlich mehr. Würde der für 80€ als "Caribbean Rum" verkauft werden, wäre alles gut. Aber durch den "Caroni-Preis-Aufschlag" und die daher entstehende Aromen-Erwartung könnte der bei einem Blindkauf zu starken Enttäuschungen führen. 81 Punkte

Puh, das war ganz schön anstrengend (aber auch schön und lecker)! 6 komplexe und doch recht ähnliche Rums nebeneinander quer zu vergleichen ist ein ganz heftiger Overkill für den Geruchs- und Geschmackssinn. Was ich aber definitiv rausgefunden habe ist, dass der Unterschied zwischen Dezember 1998 und dem Rest aus diesem Jahr (zumindest gilt das für die, die ich probiert habe) in etwa so ist wie der zwischen einem kühlen, frisch gezapften Bier (Dezember) und einem bereits leicht schal und warm gewordenen (der Rest), etwas böse formuliert. Ausgenommen sind hier die beiden aus Februar.