Mittwoch, 16. Oktober 2019

3 Caronis aus 1996 von Bristol und Overseas


Es ist soweit. Ich möchte mich jetzt hier auf dem Blog in den nächsten Posts etwas genauer mit dem Caroni-Jahrgang 1996 beschäftigen, der ja laut vielen Caroni-Fans zu einem absoluten Fels in der Brandung zählt.

So wie es aktuell aussieht wird es aber zwischendurch (neben etwas Whisky und anderen Rums) auch noch je einen Ausflug nach 1997, 1998 und 2000 geben. Als ein Caroni-Nachzügler habe ich einfach eine ganze Menge nachzuholen. Danach möchte ich mich, wenn auch deutlich spärlicher, was die Sample-Anzahl angeht, Jahrgangsmäßig nach unten bis nach 1974 bewegen. Jep, man kann mich mittlerweile durchaus als Caroni-Nerd bezeichnen, der "leider" einen absoluten Narren an diesem herrlichen Aromenprofil gefressen hat.

Zum Einstieg in 1996 drei Abfüllungen in "Trinkstärke", die (so denke ich) nicht so richtig mit den folgenden High- bzw. Full-Proof-Versionen mithalten können. 43% und 46% sind für Rums schon recht heftig verdünnt. Auch wenn Bristol teilweise in der Rum-Szene als "Verdünnungs-Künstler" angesehen wird. Wir werden sehen...

Caroni 15 Jahre 1996/2011, Bristol Classic Rum, 43%

Sofort präsent. In der Nase habe ich zuerst vor allem die berühmten Gumminoten von Fahrradschlauch und Autoreifen. Daneben  Karamell, Rosinen und Kokos. Dazu eine fruchtige Süße, die vielleicht in Richtung Mango geht. Ich hatte mir ehrlich gesagt schon schreckliche Szenarien vorgestellt ob der heftigen Verdünnung, aber die Nase ist eigentlich ganz schön und eindeutig Caroni, wenn auch merklich abgeschwächt. Es fehlen hier z.B. die "tiefen/dunklen" Noten von Teer, Eiche, Nüssen usw.. Sie ist selbstverständlich nicht mit einem High- oder Full Proof mit 20 Jahren tropischer Reifung vergleichbar. Im Mund dann der erste Schock. Hier schlägt die Verdünnung auf 43% gnadenlos zu. Die Aromen aus der Nase sind zwar alle wieder da und es ist eigentlich ein schöner, "klassischer" Caroni zu erkennen, wenn dem nicht leider alle Zähne gezogen wurden! Sehr schade! Ein leicht süß-fruchtig und karamelliges Profil gepaart mit Gummi. Im Abgang wird es dann nochmal kurz etwas kräftiger und würziger. Zuerst Gummi und dann Rosinen, Kokos und Karamell.

Kommentar: Die Wertung fällt mir schwer. Ein schöner, leckerer Rum, aber verwässert. Der mit 55% oder Faßstärke wäre sicherlich ein richtig guter Caroni. Eines muss man ihm aber lassen: Für 43% kommt der noch verhältnismäßig gut rüber. Ich weiss nicht, was eine Flasche davon im Jahr 2011 gekostet hat, aber ich vermute mal um die 30€, wenn ich mir andere Abfüllungen aus dieser Zeit anschaue. Dafür war das natürlich ein echt toller Altagsrum mit dem gewissen Etwas. 82 Punkte

Caroni 1996/2014 Port-Finish, Bristol Classic Rum, 46%

Hier zeigt sich die Nase irgendwie deutlich verschlossener und zurückhaltender. Es überwiegen dunkle, klebrige, leicht "muffige" Beeren und Kirschen, was auf jedem Fall dem Port-Finish zuzuschreiben ist. Teils sogar leicht "harzig". Die typischen Caroni-Aromen kann ich nur im Hintergrund erahnen. Insgesamt ist der Charakter schwerer und träger. Im Mund macht sich auch hier die Verdünnung bemerkbar. Die 3% Alkohol mehr bringen da nicht viel. Etwas mehr Würze und Süße. Caroni wird minimal deutlicher als noch in der Nase, wird immer nach wie vor von den dunklen Beeren dominiert. Der Abgang ist dann etwas bizarr. Die Beeren verwandeln sich in Wick-Hustenbonbons mit Waldbeergeschmack. Kühlend und prickelnd.

Kommentar: Wieder einmal mehr zeigt sich mir: Bei Rum und gerade bei Caroni Finger weg von Finishes! Reines ex-Bourbon lässt den Brennereichcharakter intakt und genau den will ich bei Caroni haben! Ansonsten ist der aber natürlich lecker, da kann man nichts sagen. Aber eben nur "lecker" reicht bei Caroni und den aktuellen Preisen einfach nicht aus. 80 Punkte

Und weil mir der folgende erst nach dem "Fotoshooting" des Titelfotos reingeflattert ist, füge ich ihn unten an. Direkt vergleichen konnte ich ihn nur noch mit dem 43%igen ex-Bourbon, da ich nur 2cl vom Port-Finish hatte. Der Vergleich ist auch deutlich sinnvoller, da der Overseas auch ohne Finish daherkommt.

Caroni 17 Jahre 1996/2013, The Overseas Trail, 46%

Während die Bristols noch "Blends" aus mehreren Fässern waren, haben wir es hier mit einem Einzelfaß zu tun. Eine echt bizarre Nase empfängt mich. Vergorene helle Früchte (leicht säuerlich), etwas Lösungsmittel, etwas Kräuter. Hätte den blind niemals auf einen Caroni getippt. Eher ein schwacher Jamaika, Port Mourant oder Fiji. Nach einer Weile des Riechens bilde ich mir eine ganz dezente Gumminote ein. Aber vielleicht auch nur, weil ich danach suche. Im Mund wässrig mit ähnlichem Profil. Im Abgang wird der nochmal deutlich kräftiger und cremiger, aber auch hier vermisse ich Caroni komplett.

Kommentar: Da mir der Sampleabfüller persönlich bekannt ist und sehr zuverlässig ist, kann ein "Samplefehler" komplett ausgeschlossen werden. Blind hätte ich den niemals als Caroni erkannt. Als "Caroni" komplett durchgefallen. Als Rum irgendwo okay, aber weit von dem entfernt, wonach ich suche. Vielleicht war es ja ein Light-Type-Caroni, das könnte ich mir noch vorstellen. 70 Punkte

Was hier Bristol (und andere unabhängige Abfüller) damals mit ihren vielen 40-46%igen Abfüllungen an Caronis "zerstört" hat, ist immens. Gerade bei der heutigen 43%-Abfüllung wird sehr deutlich was da an echtem Potenzial ertränkt wurde. Auch das Finishen in Sherry/Port- Fässern, was andere Abfüller wie Rum Nation auch gerne machen, greift meiner Meinung nach auch zu sehr in den tollen und wirklich einzigartigen Brennereicharakter von Caroni ein. Immer deutlicher wird mir (aus jetziger Sicht als Nachzügler) welche Vision Luca Gargano mit Velier schon seit Jahren und Jahrzehnten verfolgt. Einmalige, nicht wieder zu beschaffende Juwelen wie u.a. Caroni, so kräftig und clean es geht zu präsentieren, auch wenn der eigentliche Markt damals noch nicht da war.