Freitag, 25. September 2020

Blended Whisky: 40yo Spica vs. 42yo Maltman

Heute geht es wieder nach Schottland mit zwei ziemlich alten Whiskies. Ja, ich schreibe nicht Malt, denn das sind die beiden nicht. Es handelt sich um "Blended Scotch Whisky", also Malt- und Grain-Whisky aus verschiedenen Destillerien, die miteinander vermählt wurden. Beide Abfüllungen schreien förmlich danach miteinander verglichen zu werden, sind sie doch beide fast gleich alt (40 und 42 Jahre), haben beide Ex-Bourbon- und Ex-Oloroso-Reifungen erfahren und sind in Fassstärke um die 45% herum abgefüllt. Blended Malts und Blended Whiskies sind eine schöne Möglichkeit sehr alte Malts/Whiskies zu probieren, da hier der Preis um ein vielfaches niedriger ist als es bei Single Malts der Fall ist. Nach 40 Jahren sollte der Brennereicharakter und vermutlich auch die Getreide- und Destillationsart eher weniger ins Gewicht fallen als sie es definitiv noch bei 20 Jahren tun. Aber genug zur Theorie, fangen wir an...
Spica Blended Scotch Whisky
1980/2020 40 Jahre
North Star, 44,8%,
Zu der genauen Zusammensetzung und dem Malt-Grain-Verhältnis wird nichts angegeben. Lediglich wird erwähnt, dass hier ein Ex-Bourbon- und ein Ex-Oloroso-Fass vermählt wurden.
NASE: Er wirkt gesetzt und verwoben und nicht unbedingt wie Whisky, was für sein hohes Alter spricht. Es könnte auch ein älterer Armagnac, Cognac oder Rum sein. Gleichzeitig wirkt er aber auch nicht super alt. Auf 40 Jahre hätte ich ihn blind nicht geschätzt. Vielleicht 25-30. Vanille, Marzipan, Honigwaben, Eichentöne, Orangenschale, Trockenfrüchte und eine schöne, fruchtige Traubensüße. Im Hintergrund ganz leicht etwas Schwefel. Ich finde die Nase nicht übermäßig intensiv, aber sehr angenehm, warm und weich (durch den Grainanteil?).

GAUMEN: Sehr cremig und leicht wässrig zu Beginn, dann zunehmend würziger und kribbelnder werdend. Neben einer Honig- und Traubensüße begleiten Schokolade, Kirschen und ordentlich Eiche den Geschmack. Pfeffer, Ingwer und Menthol machen sich breit.

ABGANG: Mehr Menthol und Ingwer. Hintenraus entwickelt sich eine leicht saure Zitrusnote mit etwas Getreide. Dann ist er aber schon recht schnell (für sein Alter) wieder weg.

KOMMENTAR: Das ist ein schöner und vor allem geschmeidiger Blend. Von den Socken hat er mich aber auch nicht gehauen. Dazu war er mir dann etwas zu zart und weich und das Alter kam bei mir nicht in dem erhofften Maße rüber.
85/100
The Maltman Blended Scotch Whisky
1976/2019 42 Jahre
Meadowside Blending, 46,2%,
Die Zusammensetzung ist hier so transparent auf dem Label aufgeschlüsselt wie es die Scotch Whisky Association noch gerade erlaubt. Oder geht das hier auch schon zu weit? Wie auch immer. Es wird angegeben, dass das Malt-Grain-Verhältnis 50:50 ist und dass die Malts von den Destillerien Ben Nevis, Clynelish, Teaninich, Macduff und Dailuaine und der Grain von Invergordon stammen. Die Vermählung fand 20 Jahre lang (!!) in einem Oloroso-Butt statt.
NASE: Auch hier gilt wie beim Vorgänger: Die Grenzen zwischen altem Whisky, Cognac, Armagnac und Rum verschwimmen hier. Die Aromen sind wieder sehr verwoben. Der Maltman ist dabei aber spürbar intensiver und dunkler mit viel Schokolade, kräftig gerösteten Nüssen aller Art, Honigwaben und Kaffee. Dazu schwere Datteln, Rosinen, Kirschlikör, Orangenöl und etwas Möbelpolitur. Ein malzig-getreidiger Unterton bleibt ihm dennoch erhalten, sodass ich ihn (mit dem Wissen was es ist) mehr als Whisky erkenne. Im Blindtasting wäre ich aber vermutlich eher bei Armagnac gelandet. Eine schöne und edle Nase, die mich ziemlich abholt. Das Gefühl von "Alter" kommt hier deutlich mehr auf.

GAUMEN: Auch cremig und tendenziell eher weich, aber wieder kräftiger und intensiver als der Spica. Dann baut sich aber recht schnell viel Eichenwürze mit Leder, Gewürzen wie Muskat, Pfeffer und Piment auf. Recht trocken.

ABGANG: Es bleibt eichenwürzig und leicht pfeffrig. Leder, Feigen und etwas Menthol. Ziemlich trocken.

KOMMENTAR: Nach der schönen und einlullend weichen Nase überrascht die doch teilweise schon recht heftige Eiche beim Trinken. Nach 42 Jahren ja auch eigentlich kein großes Wunder.
89/100
Ich fand die beiden Blends echt gelungen und sehr angenehm zu trinken und vor allem zu verriechen, aber man merkt es dann doch etwas, dass das hier "nur" Blends sind. Der neutrale Grain dürfte für die Weichheit sorgen und das Blenden an sich für ein harmonisches und irgendwo auch "langweiliges" Gesamtbild (Oh Mann, das soll eigentlich nicht so negativ klingen). Da kommt bei Single Malts viel mehr Charakter durch. Oder ist das das Alter? Aber ich muss an dieser Stelle auch gestehen, dass ich noch keinen so alten Single Malt getrunken habe.