Heute geht es mal wieder nach Schottland, genauer gesagt auf die Isle of Skye
zu Talisker. Talisker gehört zu den Destillerien von denen ich die Standards
(Storm, 10er, D.E., 18er, "57 North") recht gut kenne, aber ich noch nicht
wirklich weiter ins Nerdige gegangen bin. Auch muss ich gestehen, dass ich
meinen letzten Talisker vor ca. 1 Jahr getrunken habe. Das wird sich heute
ändern ;-). Ich habe von einem Rum- und Whiskybuddy aus Stuttgart ein
Talisker-Care-Paket geschickt bekommen mit der Bitte - nein, eigentlich war es
eine Anweisung - ein großes Blindtasting zu machen. Gesagt getan! Der Begriff
"Blindtasting" passt in diesem Fall nicht so richtig; eigentlich war es ein
Semi-Blindtasting, da ich die Liste der Kandidaten kannte. Diese waren:
- Talisker 10 abgefüllt Anfang der 1990er
- Talisker 10 abgefüllt ca. 2018/2019
- Talisker D.E. 1991/2002
- Taslisker D.E. 2006/2016
- Talisker 1982/2003 20 Jahre in Fasstärke
- Talisker 25 Jahre abgefüllt ca. 2019
- Talisker 8 Jahre Diageo Special 2018 in Fasstärke
- Talisker 15 Jahre Diageo Special 2019 in Fasstärke
Ich habe also 3 recht alte Releases und 5 aktuelle vor mir. Es dürfte
äußerst spannend werden. Um es auch für euch etwas spannender zu
gestalten, kommen erstmal meine Notes und Wertung zu den Samples 1-8 und
die Auflösung dann erst am Ende des Posts.
Blindsample #1
NASE: Zuerst recht mild, zurückhaltend und
leicht alkoholisch. Ich denke den lasse ich nochmal etwas atmen... Er
öffnet sich, explodiert hier aber nicht gerade aromentechnisch. Wirkt
ziemlich "clean" und getreidig. Dazu Zitrus und maritimer Rauch. Je mehr
ich daran rieche, desto mehr gefällt er mir in seiner puristischen Art.
Klassischer "Whisky-Geruch". Ich hoffe, dass ist jetzt nicht der
20-jähre des Jahrgangs 1982 in Fasssstärke ;-)
GAUMEN: Sehr cremig, etwas sauer. Kraftvoll. Wieder viel Getreide, Zitrus und maritimer Rauch. Wieder recht clean und klassisch.
ABGANG: Leichter Zitrusanstieg, leichte Pfefferschärfe. Dann wieder Getreide und ein cremiges Ausklingen. Am Ende bleibt leichter Lagerfeuerrauch im Mundraum.
KOMMENTAR: Gefällt mir gut. Definitiv lecker. Ich würde hierfür aber nicht besonders viel Geld hinlegen. Auf Grund der fehlender Alkoholpower tippe ich hier auf den aktuellen Standard 10er.
GAUMEN: Sehr cremig, etwas sauer. Kraftvoll. Wieder viel Getreide, Zitrus und maritimer Rauch. Wieder recht clean und klassisch.
ABGANG: Leichter Zitrusanstieg, leichte Pfefferschärfe. Dann wieder Getreide und ein cremiges Ausklingen. Am Ende bleibt leichter Lagerfeuerrauch im Mundraum.
KOMMENTAR: Gefällt mir gut. Definitiv lecker. Ich würde hierfür aber nicht besonders viel Geld hinlegen. Auf Grund der fehlender Alkoholpower tippe ich hier auf den aktuellen Standard 10er.
Blindsample #2
NASE: Cremiger Eindruck. Milder Rauch mit
maritimen Einschlag dazu etwas Honig und definitiv ein Sherryeinfluss
mit Nüssen und etwas Trockenfrüchten. Kein Sherrybrett, sondern eher
hintergründig. Ich würde ihn den aktuellen Abfüllungen zuordnen.
GAUMEN: Etwas wässriges Mundgefühl. Definitiv auf der eher sauren Seite. Dazu etwas Honig und minimal Rauch.
ABGANG: Kein Chili, sehr weich und wenig spektakulär.
KOMMENTAR: Hmm. Die Nase war noch echt gut, aber der Rest war recht langweilig oder bin ich mittlerweile versaut (oder verwöhnt - je nach Standpunkt) von brutal guten Rums in Fassstärke à la Caroni, Hampden oder Demerara?. Wegen des Sherries nehme ich an, dass es die Distillers Edition 2016 war.
GAUMEN: Etwas wässriges Mundgefühl. Definitiv auf der eher sauren Seite. Dazu etwas Honig und minimal Rauch.
ABGANG: Kein Chili, sehr weich und wenig spektakulär.
KOMMENTAR: Hmm. Die Nase war noch echt gut, aber der Rest war recht langweilig oder bin ich mittlerweile versaut (oder verwöhnt - je nach Standpunkt) von brutal guten Rums in Fassstärke à la Caroni, Hampden oder Demerara?. Wegen des Sherries nehme ich an, dass es die Distillers Edition 2016 war.
Blindsample #3
NASE: Im Vergleich zu #2 ist der Rauch
dezenter und hinterlässt "nur noch" einen maritimen und
würzig-fleischigen Charakter und der Sherryeinfluss ist stärker. Leder,
Liebstöckel, etwas Säure und Salz. Gefällt mir sehr gut!
GAUMEN: Etwas staubig und trockenes Mundgefühl, was ich irgendwie mit älteren Abfüllungen verbinde. Dazu ölig, auch wenn es sich komisch anhört. Dann Zitrus, etwas Getreide, etwas Salz und eine angenehme leichte Süße.
ABGANG: Schön und mundausfüllend. Lange bleiben alle Aromen noch im Mundraum und klingen langsam aus. Süß-sauer, leicht salzig. Dazu etwas Honig, Gewürze und vielleicht eine Rosine.
KOMMENTAR: Sehr voll. Es werden alle Geschmackssinne angesprochen. Ich schätze hier haben wir es mit dem 20-jährigen 19982/2003 zu tun.
GAUMEN: Etwas staubig und trockenes Mundgefühl, was ich irgendwie mit älteren Abfüllungen verbinde. Dazu ölig, auch wenn es sich komisch anhört. Dann Zitrus, etwas Getreide, etwas Salz und eine angenehme leichte Süße.
ABGANG: Schön und mundausfüllend. Lange bleiben alle Aromen noch im Mundraum und klingen langsam aus. Süß-sauer, leicht salzig. Dazu etwas Honig, Gewürze und vielleicht eine Rosine.
KOMMENTAR: Sehr voll. Es werden alle Geschmackssinne angesprochen. Ich schätze hier haben wir es mit dem 20-jährigen 19982/2003 zu tun.
Blindsample #4
NASE: Deutlich süßer als die Vorgänger.
Bourbon-Süße, Zuckerwatte, Weingelee. Der Rauch ist erkennbar, aber die
maritime Note wird durch die Süße überdeckt. Fällt komplett aus dem
Raster der heutigen 8 Samples irgendwie. (Nach dem ersten Schluck kommt
der Rauch mehr raus und es kommt eine Heu-Note dazu. Auch die Süße
verschwindet etwas.)
GAUMEN: Sehr kraftvoll. Ich tippe hier auf eine Fasstärke. Salziger Lagerfeuerrauch, Getreide und Zitrus.
ABGANG: Beginnt Chili-scharf und wird dann etwas sauer und zunehmend trockener. Zitronen über Lagerfeuer geräuchert bleiben lange im Mundraum hängen.
KOMMENTAR: Ich tippe auf den 8er in Fasstärke, da er jung, kraftvoll und recht "simpel" wirkt.
GAUMEN: Sehr kraftvoll. Ich tippe hier auf eine Fasstärke. Salziger Lagerfeuerrauch, Getreide und Zitrus.
ABGANG: Beginnt Chili-scharf und wird dann etwas sauer und zunehmend trockener. Zitronen über Lagerfeuer geräuchert bleiben lange im Mundraum hängen.
KOMMENTAR: Ich tippe auf den 8er in Fasstärke, da er jung, kraftvoll und recht "simpel" wirkt.
Blindsample #5
NASE: "Old-bottle-flavour" mit muffigen
Bücherkisten aus dem Keller. Gesetzte "old school" Sherrynoten im
Hintergrund. Etwas Liebstöckel, Honig(waben), Trockenfrüchte. Der Rauch
ist spürbar zurückgegangen (oder liegt das daran, dass sich meine Nase
gewöhnt hat?) und der Malt wirkt insgesamt recht alt. Leichte Säure,
leichte Salzigkeit. Eine echt sehr schöne Nase!
GAUMEN: Der Eindruck und die Aromen aus der Nase setzen sich hier ohne Überraschungen fort. Cremig-weiches Mundgefühl. Süß-sauer. Viel Sherryeindrücke ohne dass diese draufgeklatscht wirken.
ABGANG: Zu Beginn wieder Chili, dann leichte Säure und etwas Getreide und maritime Eindrücke. Der Hauptteil des Abgangs ist eher schneller weg. Was länger bleibt ist leckerer rauchiger Seetang.
KOMMENTAR: Das muss ein altes Bottling sein. Wegen des Sherries nehme ich an es ist die Distillers Edition 1991/2002. Sehr gelungen!
GAUMEN: Der Eindruck und die Aromen aus der Nase setzen sich hier ohne Überraschungen fort. Cremig-weiches Mundgefühl. Süß-sauer. Viel Sherryeindrücke ohne dass diese draufgeklatscht wirken.
ABGANG: Zu Beginn wieder Chili, dann leichte Säure und etwas Getreide und maritime Eindrücke. Der Hauptteil des Abgangs ist eher schneller weg. Was länger bleibt ist leckerer rauchiger Seetang.
KOMMENTAR: Das muss ein altes Bottling sein. Wegen des Sherries nehme ich an es ist die Distillers Edition 1991/2002. Sehr gelungen!
Blindsample #6
NASE: Im Gegensatz zu #5 ist der Charakter
hier eher moderner. Der maritime Rauch ist deutlich stärker. Dazu viel
Honig, Orangen und Nüsse. Sauer-süß. Eine schöne und aromatische Nase.
Weder jungendhaft noch alt. Vielleicht der 15er aus 2019?
GAUMEN: Kraftvoll und ölig. Der Rauch zieht etwas an. Weiterhin Nüsse, leicht marzipanig und Orangen(schalen). Dazu Seetang und anderes maritimes.
ABGANG: Etwas kühlend mit Eukalyptus oder Minze. Dann sauer-süß, wobei süß spürbar stärker ist. Mittel-lang bis lang.
KOMMENTAR: Der ist definitiv mehr als solide. Aromatisch und kraftvoll. Ich tippe auf das Special Release 2019, den 15-jährigen.
GAUMEN: Kraftvoll und ölig. Der Rauch zieht etwas an. Weiterhin Nüsse, leicht marzipanig und Orangen(schalen). Dazu Seetang und anderes maritimes.
ABGANG: Etwas kühlend mit Eukalyptus oder Minze. Dann sauer-süß, wobei süß spürbar stärker ist. Mittel-lang bis lang.
KOMMENTAR: Der ist definitiv mehr als solide. Aromatisch und kraftvoll. Ich tippe auf das Special Release 2019, den 15-jährigen.
Blindsample #7
NASE: Hier wieder gesetzter. Mehr Eiche.
Marzipan mit Orangenschalen und Mangos. Der Rauch ist dezenter, aber
verbindet sich perfekt mit dem Marzipan. Viel Meereseindrücke. Sehr
schön! Sehr geschmeidig und gedieden.
GAUMEN: Kräftiger als gedacht. Ordentlich Eiche. Der Rauch nimmt zu. Bitter, sauer, salzig und süß. Alles mit an Bord.
ABGANG: Trocken, leicht bitter (Hier ist definitiv viel Eiche dabei.) und maritim.
KOMMENTAR: Sehr schön und elegant. Es kann eigentlich nur der 25er sein.
GAUMEN: Kräftiger als gedacht. Ordentlich Eiche. Der Rauch nimmt zu. Bitter, sauer, salzig und süß. Alles mit an Bord.
ABGANG: Trocken, leicht bitter (Hier ist definitiv viel Eiche dabei.) und maritim.
KOMMENTAR: Sehr schön und elegant. Es kann eigentlich nur der 25er sein.
Blindsample #8
NASE: Zu Beginn etwas säuerlich. Irgendwas
erinnert mich hier an Eukalyptus-Bonbons aus der Apotheke. Die Stärke
des Rauches kann ich mittlerweile ehrlich gesagt nicht mehr so ganz
einschätzen. Meine Nase nimmt den eh schon recht schwachen
Talisker-Rauch jetzt kaum mehr wahr. Dennoch würde ich ihn auf Grund
seiner salzig-maritimen Art niemals den nicht-rauchigen Whiskies
zuordnen. Nach einer Weile geht die Eukalyptus-Note fast komplett zurück
und es entwickelt sich eine recht würzig-fleischig-deftige Note. Dazu
eine schöne Fruchtigkeit von hellen Früchten und etwas Nüsse und Honig.
Sehr kraftvoll und aromatisch. Sehr schön!
GAUMEN: Sauer-süß zu Beginn, dann kribbelnd würzig, leicht scharf und dann immer süßer werdend.
ABGANG: Die Süße nimmt weiter zu. Cremig und ölig und trotzdem kraftvoll mit einer leichter Schärfe. Lange anhaltend mit würzig-deftigen Aromen.
KOMMENTAR: Sehr schön und robust. Die Eukalyptus-Note zu Beginn hatte mir erst nicht so gefallen, aber die würzigen Elemente, die dann das Ruder übernommen haben, waren richtig, richtig gut! Ich denke, dass es der 10er aus Anfang der 1990er ist.
GAUMEN: Sauer-süß zu Beginn, dann kribbelnd würzig, leicht scharf und dann immer süßer werdend.
ABGANG: Die Süße nimmt weiter zu. Cremig und ölig und trotzdem kraftvoll mit einer leichter Schärfe. Lange anhaltend mit würzig-deftigen Aromen.
KOMMENTAR: Sehr schön und robust. Die Eukalyptus-Note zu Beginn hatte mir erst nicht so gefallen, aber die würzigen Elemente, die dann das Ruder übernommen haben, waren richtig, richtig gut! Ich denke, dass es der 10er aus Anfang der 1990er ist.
Boah war das schwierig! Mein lieber Schwan! Zwischendurch war ich kurz
komplett überfordert und habe den Überblick verloren. In einem
Parallel-Tasting 8 Whiskies einer Destillerie zu vergleichen ist schon
hart und eine echte Sinnesanstrengung, aber das Ganze auch noch halbblind
zu machen ist echt heftig. So jetzt aber
Trommelwirbel....trtrtrtrtrtr...die Auflösung (geordnet nach meiner
Punktwertung):
Oh Mann, was für eine Überraschung! Der aktuelle 10-jährige hat 90 Punkte bekommen! Und dass der alte 10-jährige, der vermutlich auch ziemlich günstig war damals als Gewinner des Abends hervorging ist auch bemerkenswert. Insgesamt habe ich damit nur 3 von 8 möglichen Treffern erzielt. Es ist also noch Luft nach oben würde ich sagen, obwohl ich ehrlich sagen muss, dass mir kleinere Flights mehr Spaß machen.
Nachtrag:
Mit dem Wissen nach der Auflösung musste ich mir nochmal den aktuellen 10er eingießen. 90 Punkte für einen 30€-Whisky?!?! Jetzt würde ich ihm tatsächlich keine 90 Punkte mehr geben. Vielleicht eher 86-87, was aber für 30€ immernoch echt richtig, richtig gut ist! Oder ist das alles nur Psyche?
- Sample #5 - 91 Punkte (Talisker 10 Anfang der 1990er)
- Sample #3 - 90 Punkte (Talisker 10 aktuell)
- Sample #7 - 90 Punkte (Talisker 25 aktuell). Richtig erraten!
- Sample #8 - 90 Punkte (Talisker 1982/2003)
- Sample #6 - 88 Punkte (Talisker D.E. 1991/2002)
- Sample #4 - 87 Punkte (Talisker 8 2018). Richtig erraten!
- Sample #1 - 85 Punkte (Talisker 15 2019)
- Sample #2 - 82 Punkte (Talisker D.E. 2006/2016). Richtig erraten!
Oh Mann, was für eine Überraschung! Der aktuelle 10-jährige hat 90 Punkte bekommen! Und dass der alte 10-jährige, der vermutlich auch ziemlich günstig war damals als Gewinner des Abends hervorging ist auch bemerkenswert. Insgesamt habe ich damit nur 3 von 8 möglichen Treffern erzielt. Es ist also noch Luft nach oben würde ich sagen, obwohl ich ehrlich sagen muss, dass mir kleinere Flights mehr Spaß machen.
Nachtrag:
Mit dem Wissen nach der Auflösung musste ich mir nochmal den aktuellen 10er eingießen. 90 Punkte für einen 30€-Whisky?!?! Jetzt würde ich ihm tatsächlich keine 90 Punkte mehr geben. Vielleicht eher 86-87, was aber für 30€ immernoch echt richtig, richtig gut ist! Oder ist das alles nur Psyche?