Freitag, 1. Mai 2020

Velier Caroni 1994 (17 Jahre HP und 18 Jahre FP)


Es geht für mich weiter in Caroni-Geschichte. Nachdem ich mich viel mit dem Jahrgang 1996 beschäftigt habe, geht es jetzt weiter mit 1994. Von Velier gibt es 6 reguläre Releases, von anderen Abfüllern soll es ein paar wenige geben, ich habe aber nichts weiteres dazu gefunden. Schaut man sich die Velier-Releases an, fällt das Problem auf mit dem Caroni-Nachzügler wie ich zu kämpfen haben:

- 1994/2011 17 Jahre High-Proof (Strohhut)
- 1994/2011 17 Jahre Full-Proof (Feldarbeiter)
- 1994/2012 18 Jahre High-Proof (Hangar)
- 1994/2012 18 Jahre Full-Proof (Hangar)
- 1994/2017 23 Jahre High-Proof (gelb)
- 1994/2017 23 Jahre Full-Proof (orange).

Die meisten Abfüllungen liegen schon viele Jahre zurück und dementsprechend sind die Preise und die Verfügbarkeiten. Der 17-jährige Full-Proof liegt mittlerweile bei mehr als 1000€, wenn man denn überhaupt an eine solche Flasche käme. Meine sehr gut aufgestellten Caroni-Sample-Quellen konnten mir bei diesem auch nicht weiterhelfen. Meine Erkundung des Jahrgangs 1994 wird sich demnach nur in 2 Posts aufteilen: Diesen hier mit 2 "jüngeren" Abfüllungen und einen weiteren mit den beiden 23-jährigen (Gelb vs. Orange).
Caroni 17 Jahre
High-Proof
1994/2011
Velier, 52%, Strohhut
7142 Flaschen wurden 2011 abgefüllt zu einem Preis, der einem in heutigen Zeiten die Tränen in die Augen treibt. Es wird gemunkelt, dass man für ca. 60€ eine solche Flasche kaufen konnte. Heute liegt sie fast bei dem 10-fachen!
NASE: Eigentlich instant nach dem Eingießen (Sample stammt aus einer bereits geöffneten Flasche) präsentiert sich eine kräftige und tolle Caroni-Aromatik. Sehr deutlich wird das Bouquet von der typischen Gummi-Note angeführt gepaart mit Tankstellendüften, Teer und Möbelpolitur. An zweiter Stelle, aber nicht deutlich weniger kräftig, befindet sich die auch so typische Kombination aus ätherischen/medizinischen Ölen (Menthol, Piniennadeln, Orangenschale), "schweren" tropischen Früchten und Karamell. Eine wunderschöne, stiltypische Caroni-Nase.

GAUMEN: Die 52% sind immernoch (gerade so) kraftvoll genug, um ordentlich dreckigen Caroni-Zauber im Mund zu verbreiten. Gummi und Teer zusammen mit würzigen Elementen aus dem Eichenfass und einer minimalen fruchtigen Süße.

ABGANG: Es beginnt fruchtig-süß und damm kommen ordentlich Gummi und Gewürze. Es wird immer trockener im Mund. Der Abgang ist jetzt nicht super-lang. Da merkt man dann doch die Verdünnung recht deutlich. Was aber lange im Mund bleibt, ist eine schöne Gummi-Note.

KOMMENTAR: Ein Bilderbuch-Caroni! Möchte man auf hohem Niveau mäkeln, dann könnte man erwähnen, dass es ein wenig an Tiefe und Kraft durch die Verdünnung und dem etwas jungem Alter fehlt. Aber das möchte ich nicht ;-)
94/100
Caroni 18 Jahre
Full-Proof
1994/2012
Velier, 62,59%, Hangar
Hiervon gab es lediglich nur 2633 Flaschen, während der Preis damals vermutlich auch deutlich unter 100€ war.
NASE: Wie für (Caroni)-Fassstärken üblich, ist die Nase erstmal relativ verschlossen. Ich lasse ihm eine Stunde unter dem Aromadeckel, um sich zu öffnen. Obwohl nur 1 Jahr älter als der "Strohhut" wirkt die Nase deutlich gesetzter und älter. Ich will nicht sagen, dass der 17-jährige "Strohhut" jung wirkt, aber hier beim 18-jährigen spielt das Fass eine deutlich größere Rolle. Die dreckigen Komponenten (Gummi, Teer usw.) sind zwar noch deutlich zu erkennen, aber merklich im Hintergrund. Ich habe viel Nüsse, Gewürze wie Nelken und Anis, Kaffe und Kako, Karamell und Vanille und Orangenschale. Insgesamt deutlich dunkler und tiefer im Grundcharakter. Eine herrliche Nase! Das ist Rum in der absoluten Oberliga!

GAUMEN: Die 62% sind spürbar. Aber nicht durch Brennen, sondern durch Kraft und Aromenfülle. Ölig und süß verteilt er sich im Mundraum. Hier wird alles aufgefahren, was man von einem tropisch gereiften Caroni erwartet. Gummi, Motoröl, Teer und Eichenwürze. Auch hier wieder eine gute Spur reifer und älter wirkend als der Vorgänger, was erstmal nicht per se als "besser" zu werten ist.

ABGANG: Gewürze und eine schöne Süße zu Beginn, dann wieder trockener werdend mit ordentlich Gummi und Teer, der sehr sehr lange nachhallt.

KOMMENTAR: Mega! Da bleibt mir nicht viel mehr zu sagen. Glücklich sind die, die sich damals hiervon den Keller vollgestellt haben, als er noch verfügbar und billig war.
95/100
Es ist schier surreal, dass man so unfassbare Rums damals quasi hinterhergeworfen bekam. Und diese beiden sind nur 2 Beispiele. Man hätte sich damals (gerade bis 2012) für "nur" ein paar tausend Euro mit Velier-Caronis im absoluten High-End-Bereich für sein gesamtes Leben eindecken können. Es sind zwar alles keine neuen Gedanken, aber ich komme einfach nicht darauf klar, dass diese Kaliber viele Jahre brauchten, um so richtig gefeiert zu werden. Auch zu dieser Zeit gab es doch reichlich Whisky-Freunde, die auf heftige, rauchige Islay-Malts abgefahren sind. Es ist ja auch nicht so, dass vor 10 Jahren nur Watermelon-Man getrunken wurde und Caroni einfach zu heftig war.