Freitag, 20. September 2019

Nochmal 6 Caronis aus 1997 (Rom Dansk Fanklub 22 y.o., Bristol 22 y.o., CA 21 y.o. ...)


Eigentlich hatte ich nicht vor nochmal hier Caronis aus 1997 zu verkosten, da ich bereits hier und hier welche besprochen habe. Da ich aber bei einer Flaschenteilung von einer Abfüllung für den dänischen Caroni-Fan-Club nicht widerstehen konnte, mussten auch noch weitere Samples her, damit ich Vergleichspartner habe. Von den Rahmendaten her größtenteils sehr ähnlich. 1997 ist für mich bisher ein solider Jahrgang. Das Juni-Batch (z.B. von A.D. Rattray) scheint die Glanzstunde aus diesem Jahr zu sein, aber auch der Rest ist schön, wenn auch keine absoluten 1. Liga-Drecks-Monster. Eine echte "Enttäuschung" (wie z.B. Januar 1998) hatte ich bis jetzt noch nicht aus 1997.


Caroni 22 Jahre 1997/2019 "HTR", Caroni Rom Dansk Fanklub, 61.1%

Die Reifung wird angeben mit 50% tropisch und 50% europäisch. Das bedeutet, dass dieses Fass 2008 nach Europa kam, so wie vermutlich die meisten nach den Auktionen. Ob vom 1997er Jahrgang Bulkware direkt nach der Destillation nach Europa verkauft wurde, ist mir nicht bekannt.
Abgefüllt wurde diese Flasche in der ersten Jahreshälfte 2019, d.h. bei 22 Jahren Alter müsste die Destillation auch in den ersten Monaten von 1997 gewesen sein. Nach einer guten halben Stunde des Lüftens empfängt mich eine recht runde Caroni-Nase. Die dreckigen Komponenten sind relativ zurückhaltend, aber trotzdem hätte ich den in einem Blindtasting sofort als Caroni erkannt. Die 22 Jahre Reifung lassen den Rest der Aromen gesetzt und edel daherkommen. Dunkles Karamell, geröstete Nüsse, Orangenschale und etwas Schokolade. Im Mund beginnt es sehr stürmisch. Die 61% machen sich kräftig bemerkbar (aber nicht negativ alkoholisch) und es kommt sofort eine starke Gumminote nach vorne. Ölig, würzig und Karamell-süß. Am Anfang des mittel-langen bis langen Abgangs wird es plötzlich richtig schokoladig und hintenraus wird es fruchtig-süß. Dazu Gummi und Teer. Mmmhhhh.

Kommentar: Ein wunderbar gereifter und ausgewogener Rum, der von der Nase bis zum Abgang spannend bleibt und das Grundthema schön umspielt. Besonders den Abgang finde ich hier ausgesprochen gelungen. Gäbe es nicht nur 85 Flaschen davon, die schon längst hoffungslos vergriffen sind, würde ich mir eine Flasche zulegen. Zumal der Ausgabepreis von ca. 200€ für das was geboten wird, recht gut war. 90 Punkte

Caroni 22 Jahre 1997/2019 "HTR", Bristol, 56.4%

Auch hier vermute ich auch hier eine Reifung bis 2008 auf Trinidad, da Bristol (wie Velier) einer der Hauptkäufer des Caroni-Stocks war. Die Nase ist anfangs etwas alkoholisch mit Kirsche, Haselnüssen und etwas Gummi. Das ändert sich zwar mit der Zeit, aber ein leichter Alkoholstich bleibt. Durch den recht starken Kirscheinschlag, hat es was von starkem Kirschlikör mit Möbelpolitur, Haselnüssen, Karamell, Gummi und Teer. Caroni ist zweifellos zu erkennen, wenn auch eher dezenter. Auch hier bekommt das Ganze einen gediegeneren Touch durch 22 Jahre Reifung. Einziges Manko eben der leichte Alkoholstich. Im Mund gewinnen dann die typischen Gummiaromen dann etwas an Raum. Begleitet von würziger, leicht scharfer Möbelpolitur und Karamell. Der Abgang führt das konsequent weiter. Etwas Kakao/Kaffee und recht ordentlich Minze kommen noch dazu.

Kommentar: Was bei der obigen dänischen Abfüllung noch sehr spielerisch war und zwischen Eiche, Frucht und typischem Brennereicharakter gewechselt hat, ist hier ziemlich straight. Die Eiche gibt von Nase bis Abgang die Marschrichtung vor. Zum Glück aber hat das Heavy-Type-Destillat von Caroni genügend Wucht, um immernoch deutlich durchzuschimmern. Das hier soll kein Veriss sein. Mir gefält der Rum ganz gut, aber für 270€ Ausgabepreis im Herbst 2019 kann ich den nicht wirklich empfehlen. Das sind einfach 70-100€ zu viel. 84 Punkte

Caroni 21 Jahre 12/1997 - 2019 "HTR", Cadenhead's, 59.4%

Die Nase präsentiert sich zuerst etwas enttäuschend. Zwar immer noch als Caroni zu erkennen, sind die typischen Noten von Asphalt und Gummi deutlich im Hintergrund. Deutlich, deutlich schwächer als bei der Fanclub-Abfüllung. Der braucht recht lange, um zu öffnen, allerdings kommen dann die Caroni-Noten nicht deutlicher hervor. Ich habe buttrigen und saftigen Kuchen, viel Vanille, Nüsse, Orangenschale. Alles ist muffig/gedämpft und daruch gesetzt und durchaus edel und rund. Im Mund dann Karamell, Vanille, Gummi, Kirschen und Schokolade. Recht süß und eher simpler, aber immerhin ist der Caroni-Fahrradschlauch jetzt etwas präsenter. Im Abgang weiterhin fettes Karamell und etwas Gummi.

Kommentar: Als jemand, der "Caroni" in Caronis sucht, bleibt der etwas auf der Strecke. Es ist ein leckerer und reifer Rum, aber den Caroni-Aufpreis würde ich hierfür nicht ausgeben. Denn dafür ist zu wenig "Caroni" drinnen.
82 Punkte

Caroni 19 Jahre 1997/2016 "HTR", Bristol, 61.5%

Die Nase zeigt sich bisher am dreckigsten, was auch daran liegen mag, dass dieser hier bisher mit Abstand der jüngste ist. Fahrradschläuche, Tankstelle, Lösungsmittel, Holzlack und Asphalt sind gut präsent. Besonders die Weichgummi-Noten und Lösungsmittel treten am deutlichsten hervor. Dafür ist der Bristol weit weniger edel und gesetzt wie die dänische Fanclub-Abfüllung. Aber trotzdem habe ich auch hier wunderbar fettes Karamell, Haselnüsse und Orangenschalen hinter den dreckigen Aromen. Nach einer Weile des Riechens shiften die Gumminoten teilweise in verbranntes Gummi rüber. Im Mund viel Gummi und süßes Karamell. Teilweise sogar in die fruchtige Richtung gehend. Von den 61% ist nicht viel zu merken. Super eingebunden. Im Abgang macht sich zu Beginn wieder ein schöner Schokoladenton bemerkbar. Dazu weiterhin süßes Karamell, leicht fruchtige Noten und Gummi.

Kommentar: Ein, so wie ich finde, guter 1997-Vertreter, dem es aber dann doch etwas an Tiefe und Komplexität fehlt, um so richtig durchzustarten. Zu dem aktuellen Preis im Herbst 2019, aber immernoch zu empfehlen.
85 Punkte

Caroni 18 Jahre 1997/2015 Cask #861, Sansibar, 51.9%

Direkt nach dem Einschenken steigen sofort Caroni-Aromen aus dem Glas. Ich decke das Glas ab, um dem Ganzen noch ein paar Minuten Ruhe zu gönnen in der Hoffnung, dass ich eine noch schönere Nase vorfinde. Aber da ist nicht mehr viel. Die hat schlapp gemacht. Die Gummi- und Tankstellen-Aromen haben sich in "florale Gummibärchen" verwandelt. Dahinter eher Bergamotteöl als Orangenschale. Im Mund etwas wässrig mit Gummibärchen, etwas Karamell und einem Alkoholstich. Der Abgang gestaltet sich da nicht besser.

Kommentar: Das war kein schöner Caroni. Ich würde sogar so weit gehen und sagen: Das war auch kein wirklich guter Rum.
65 Punkte

Caroni 1997/2018 Cask #20, Isla del Ron (Malts of Scotland), 52.5%

Die Nase zeigt sich recht "leer" für einen Caroni. Die reckigen Komponenten sind im Prinzip kaum bis gar nicht vorhanden. Es bleiben Haselnüsse, Vanille, Karamell, Orangenschale, etwas Leder und Kirschen. Trotz des eher "niedrigen" Alkoholgehalts, habe ich einen leichten Stich in der Nase. In einem Blindtasting hätte der mir an einem schlechten Tag gut als Nicht-Caroni durchrutschen können. Im Mund kommt als erstes der Alkohol wieder durch. Ziemlich scharf für 52%. Daneben das übliche süße Karamell und Gummi. Der Abgang ist wieder scharf und brennend mit ordentlich Eichenwürze und etwas Gummi.

Kommentar: Wenn auch etwas besser als der Sansibar, so ist auch dieser hier kein wirklich guter Caroni.
70 Punkte

Oh Mann. Wenn ich mir den Post nochmal so durchlese, klingt die ein oder andere Stelle ganz schön miesepeterich. Caroni erzeugt mittlerweile recht hohe Erwartungen bei mir. Da klingen Enttäuschungen ganz schön hart teilweise. Hier mein Ranking des heutigen Posts mit einem klaren Sieger:
  1. Dänischer Fanclub
  2. Bristol 2016
  3. Bristol 2019
  4. Cadenhead's
  5. Isla del Ron
  6. Sansibar
P.S.: Für alle die sich fragen, wo denn die 0-10-Wertung geblieben ist... Ich bin mir momentan nicht so sicher, ob ich weiterhin nummerisch bewerten möchte und belasse es bei einem kleinen Abschlusskommentar. Vielleicht belasse ich das auch so für die Zukunft. Ich weiss es noch nicht so genau.