Samstag, 27. April 2019

4 Grappe Riserva

Ich habe eigentlich schon immer gerne mal einen leckeren Grappa getrunken. Ich bin vermutlich zu jung, um die rufschädigende Epoche des (wohl) teilweise grausigen "Grappa auffe Hause" in Deutschland so wirklich mitbekommen zu haben. Jedenfalls habe ich bisher noch keinen ungenießbaren (ernstgemeinten) Grappa getrunken. Ich bin allerdings auch kein wirklicher Kenner der "Grappa-Szene", falls diese denn existiert.

Sibona Grappa di Barolo, 40%

Traubensorte: Barolo. Die Nase ist eher leicht, aber nicht mild. Birnen, süßer Federweißer, etwas feuchtes Laub und einen Hauch Vanille. Im Mund zuerst fruchtig und wässrig, dann beginnt sich kurz eine leichte metallische Bitterkeit aufzubauen. Dann wird es etwas nussig. Der Abgang ist etwas süßer und fruchtiger, aber eher kurz.

★★★★★★★★ 5/10

Grappa Nonino Vendemmia Riserva, 41%

Gemischte Traubensorten. 18 Monate Reifung in ex-Bourbon- und ex-Sherry-Fässern. Hier ist die Nase schon ein gutes Stück kräftiger und aromatischer. Zu den Birnen, Trauben, feuchtem Laub und Vanille, kommt jetzt eine schöne Schokoladen- und Keks-Note dazu. Im Mund etwas kantig und leicht bitter. Kakao und nasses Laub dominieren. Der Abgang ist leider etwas alkoholisch und kurz bis mittel-lang.
★★★★★★★ 5/10

Nardini Grappa Riserva 15 Anni, 50%

Vor einiger Zeit mal bei Ralfy gesehen. 92/100. Dann vor kurzem nochmals in hohen Tönen gelobt bei Helmut auf schlimmerdurst.net, von dem ich freundlicher Weise auch dieses Sample spendiert bekommen habe. Vielen Dank nochmal an dieser Stelle dafür! Traubensorten: Pinot, Tocai und Cabernet. Der hellen Farbe nach zu urteilen, waren es re-refill-Fässer. Die Nase ist komplex und aromatisch. Die "nasse-Laub"-Note ist hier stärker und geht deutlich ins modernde über. Zigarren (nicht angezündet). Erinnert gaaanz entfernt an High-Ester-Rum. Dazu Zartbitterschokolade, leicht faulige Birnen und etwas Vanille. Irgendwie fühlt sich die Nase etwas "staubig" an. Im Mund kräftig mit dem gleichen Eindruck aus der Nase. Dazu eine angenheme Süße, Öligkeit und Fruchtigkeit. Der Abgang ist zuerst pfeffrig, dann kommt eine schöne und heftige Ladung Kakao. Danach Birnen und eine leichte Salzigkeit. Es ist kein Grappa für "auffe Hause" nach der Pizza, sondern einer zum Erkunden und Zurücklehnen in einer ruhigen Minute.
★★★★★★★★★ 7/10

Gvolco Grappa Di Barbera Riserva, 45%

Traubensorte: Barbera. 5 Jahre Reifung. Sehr aromatische Nase. Birnen, leicht säuerliche Weinnote, das berühmte nasse Laub, Schokolade und eine deutliche Nussigkeit. Im Mund sehr kräftig mit hauptsächlich Trauben- und Birnenaromen. Dazu Laub. Der Abgang beginnt mit einem ordentlichen Kakao-Schub, gefolgt von Birnen. Nicht so komplex wie der Nardini, sondern eher "klassisch", aber dafür in gut.
★★★★★★★★★ 6/10

Neues Bewertungssystem

Ich habe mich jetzt nach 4 Monaten Bloggen (und davor "privaten" Anfertigen von Notizen) dazu entschieden das althergebrachte 100ter-System zu verlassen. Mich haben jetzt doch zunehmend folgende Abspekte gestört, die auch allgemein oft als Kritikpunkte angeführt werden:
  • Die Pseudo-Genauigkeit
    Die Angabe x/100 gaukelt eine Präzision von 1% vor. Dabei vermute ich stark, dass noch nichtmals Serge oder Ralfy eigentlich in der Lage sind, genau zu beschreiben, was der Unterschied zwischen 78 und 79 ist zum Beispiel.
  • Eigentlich wird nur der Skalenbereich 80-95 benutzt
    Was bringt eine Skala, wenn in 90% aller Fälle nur ein kleiner Ausschnitt benutzt wird? Sind wir mal ehrlich: Wenn z.B. Serge eine 70 vergibt, macht das keinen Unterschied zu einer 75. Der Whisky oder Rum ist damit eh verissen. Wobei wir wieder bei der Pseudo-Genauigkeit wären.
  • Die "Angst" vor der 100
    Gilt eigentlich noch zu den vorherigen Punkten. Jeder, der das 100ter-System verwendet, hat insgeheim Angst 100 Punkte zu vergeben. Denn: Was ist, wenn ich bald etwas trinke, was mir noch besser gefällt? Also werden bis auf alle Ewigkeit die oberen Punkte als Reserve freigehalten. Eine Skala bis 10 befreit da enorm, finde ich.
  • Fokus auf das Wesentliche
    Ich möchte nicht unnötig überlegen, ob ich dem Glen-XYZ jetzt 83 oder 84 Punkte gebe. Wenn ich hier eine "Bewertung" abgebe, möchte ich eigentlich nur festhalten, ob mir die Spirituose sehr gut gefallen hat, sie mittelmäßig oder gar furchtbar war. Etwas Unterteilung ist dabei natürlich nicht schlecht. Daher 0-10 Punkte. Wenn ich eine feinere Abstufung innerhalb eines Line-Ups brauche, da alle Kandidaten die gleiche Punktzahl haben, werde ich das am Ende des Posts lieber in Textform machen.
 Mein neues Bewertungssystem geht also von 0-10 und wird so aussehen.

★★★★★★★★★★ 0/10
★★★★★★★★★★ 3/10
★★★★★★★★★★ 7/10
★★★★★★★★★★ 10/10 

 Nach und nach werde ich alle bisherigen Posts überarbeiten.

Donnerstag, 25. April 2019

4 weitere volljährige Schotten

Heute geht es weiter mit 18-jährigen Original-Abfüllungen von schottischem Whisky. In diesem Post hatte ich bereits eine ganze Reihe davon im Glas.

Macallan 18 Jahre 1995 Sherry, Original-Abfüllung, 43%

Vollreifung in Sherry-Fässern. Das merkt man selbstverständlich auch heftig in der dunklen und öligen Nase. Trockenfrüchte (vor allem Rosinen), Walnüsse, Leder/Tabak, Orangenschalen, Zimt, Vanille, Kakao, Muskatnuss. Ziemlich perfekte Sherry-Nase! Im Mund weniger würzig als ich vermutet habe. Cremig und ölig. Zuerst süß mit Trockenfrüchten, dann etwas trockener werdend mit Kaffee/Kakao. Die 43% finde ich leider einen Hauch zu dünn. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Im kurzen bis mittel-langen Abgang nimmt die Trockenheit weiter zu. Die Würzigkeit wird etwas stärker. Daneben immernoch viel Rosinen und Kakao. Was bleibt ist eine belegende Trockenheit.
★★★★★★★★★★ 7/10

Dalmore 18 Jahre, Original-Abfüllung, 43%

14 Jahre Reifung in ex-Bourbon- und 4 Jahre Nachreifung in ex-Sherry-Fässern. Die Nase ist ebenfalls ölig und dunkel. Viel Leder/Tabak, Trockenfrüchte und Walnüsse. Daneben Orangenschale, Zimt, Kakao und etwas Muskatnuss. Sehr gediegen und schwer. Passt zu dem Gentlemen-in-Ledersesseln-Image der Marke. Allerdings nicht ganz so intensiv und Sherry-lastig wie der Macallan. Im Mund würzig, voll und ölig. Empfinde diesen hier deutlich kräftiger und würziger im Mund als den Macallan. Der Abgang ist mittel-lang bis lang mit einer kräftigen und trockenen Würze. Leder/Tabak. Dahinter süße Trockenfrüchte.
★★★★★★★★★ 8/10

Glengoyne 18 Jahre,  Original-Abfüllung, 43%

Mix aus ex-Bourbon- und first-fill-Sherry-Fässern. Die Nase ist etwas leichter und saurer als beim Dalmore. Weniger Leder/Tabak und Nüsse. Dafür eine spürbare Kräuternote. Im Mund Mix aus süß und sauer mit Trocken- und Zitrusfrüchten. Spiegelt die Nase wieder. Dazu eine schöne und kräftige Würzigkeit, die auch hier stärker ist als beim Macallan. Der Abgang ist mittel-lang bis lang mit einem angenehmen Mix aus Trockenheit, Würze und Süße.
★★★★★★★★★★ 7/10

Highland Park 18 Jahre, Original-Abfüllung, 43%

Der einzige rauchige im Line-Up. Dürfte ein Mix aus ex-Bourbon- und ex-Sherry-Fässern sein (?). Die Nase ist im Vergleich zu den 3 Vorgängern eher mild. Sehr dezenter Rauch. Dazu Honig und florale Noten. Etwas Trockenfrüchte und Nüsse im Hintergrund. Typisch Highland Park. So harmonisch, ausgewogen und mild, dass es mir etwas zu langweilig ist. Im Mund nimmt der Rauch angenehm zu. Auch die Milde aus der Nase wird etwas abgelöst durch eine kraftvolle, aber nicht zu starke, Würze. Leicht salzig. Im kurzen bis mittel-langen Abgang nimmt der Honig nochmal kräftig zu. Der Rauch ist für mich fast nicht mehr wahrnehmbar. Nur noch in einer leicht "bitteren Salzigkeit".
★★★★★★★★★★ 7/10
Unter den 7/10-ern ist meine Reihenfolge: Macallan > Glengoyne > Highland Park

Montag, 22. April 2019

2 alte Armagnacs

Heute gibts 2 sehr alte Armagnacs. Fast 40 Jahre Reifung. Im Scotch-Bereich liegt man da schon fast im unbezahlbaren Bereich für den normalsterblichen.

Dartigalongue 39 Jahre 1978/2017, Original-Abfüllung, 40%

Die Nase ist schwer und dunkel. Eine sehr starke Honig-Note. Dahinter Trockenfrüchte, Kirschen, geröstete Mandeln, Kakao, Tabak und Gewürze wie Zimt und Anis. Auch florale Noten sind zu finden. Alles sehr gesetzt und edel. Im Mund macht sich leider die Verdünnung bemerkbar. Etwas wässrig. Die Honig-Note hat jetzt komplett das Sagen. Dazu eine süß-saure Weißwein-Note. Eher wenig Würze, was verböüffend ist für das hohe Alter. Der Abgang ist kurz bis mittel-lang mit viel Honig und Weißwein. Am Ende deutlich bitterer werdend. Schade. Die Nase hat sehr vielversprechend begonnen, aber der Geschmack und der Abgang sind für mich viel zu schwachbrüstig.
★★★★★★★★★ 6/10

Domaine de petit Lassis 37 Jahre 1977/2014, Darroze, 47.3%

Die Nase ist zuerst verschlossener und wirkt deutlich "jünger" und frischer als beim Vorgänger. Nach einer Weile kommen vor allem florale und Kräuter-Noten (Anis, Fenchel). Insgesamt ruscht es dadruch etwas in eine leicht seifige Richtung. Dahinter Oragenschalen, etwas Honig, Karamell und Marzipan. Im Mund deutlich würziger und präsenter als der Dartigalongue. Die Würzigkeit ist pfeffrig und kribbelt leicht im Mund. Sehr trocken und leicht bitter mit Tabak, Kaffee. Der Abgang ist mittel-lang und beginnt wieder pfeffrig, wird dann etwas süßer am am Schluss vermehrt bitter und seifig.
★★★★★★★★★ 6/10

Montag, 15. April 2019

Etwas Rhum aus Guadeloupe

Es geht zum französischen Übersee-Department Guadeloupe in der Karibik. Hier wird traditionell Rhum Agricole aus frischen Zuckerrohrsaft hergestellt. Destilliert wird in einfachen (Coffey-) Column-Stills. Ab und an wird aber auch aus Melasse Rum hergestellt (siehe die beiden letzten).

Damoiseau 8 Jahre, Original-Abfüllung, 42%

Die Nase ist sehr mild und weich. Eingelegt Früchte wie Aprikosen, Pfirsich, Pflaumen. Dazu eine cremige Mandelnote. Keine bis kaum vorhandene agricole-typische Grasigkeit. Könnte auch gerne ein nicht zu alter Cognac sein. Was ich gelesen hatte, reifte der sogar in Cognac-Fässern. Im Mund sehr mild mit leicht süßen Aprikosen, Mandeln und einer leichten Seifigkeit. Es entwickelt sich eine leichte Grasigkeit, die dann im kurzen bis mittel-langen trockenden Abgang deutlich verstärkt. Dazu weisser Pfeffer.
★★★★★★★★★★ 5/10



Montebello 8 Jahre, Original-Abfüllung, 42%

Diese Nase hier ist viel heftiger und auf der schonungslosen Agricole-Seite. Nasses, moderndes Gras, Heu. Daneben Gewürze und Kräuter wie Anis, Eukalyptus/Minze. Dahinter eine dezente Mandelnote. Im Mund wird die Grasnote sehr dominant. Gleich danach weisser Pfeffer und Heu. Der Abgang ist mittel-lang mit viel weissem Pfeffer. Mir zu modrig und zu sehr auf der grasigen und weiss-pfeffrigen Seite.
★★★★★★★★★★ 4/10

Longueteau "Concerto", Original-Abfüllung, 47.2%

In der Nase springt mir sofort eine ordentliche Ladung Honig entgegen. Dazu wieder Aprikosen und Mandeln. Minimal seifig. Hat auch hier wieder viel mit Cognac gemeinsam. Die Grasigkeit und der weisse Pfeffer sind nur wenig vorhanden. Wenn man so will, hat die Nase auch etwas herbes wie Tabak oder Leder. Im Mund beginnt es recht wässrig. Dann kommen Honig, Aprikosen, Leder und etwas Grasigkeit. Im kurzen bis mittel-langen Abgang nimmt die Grasigkeit noch mehr zu. Dazu weisser Pfeffer. Insgesamt aber eher "warm" und angenehm. Die Honignote bleibt und lässt es nicht zu trocken werden.
★★★★★★★★ 6/10


Guadeloupe 19 Jahre 1998 (Bellevue/Damoiseau), The Duchess, 54.9%

Die ganzen "Bellevues" aus 1998 stammen (wohl) aus einem oder mehreren (?) Melasse-Batch(es) von Damoiseau. Die Reifung hat überwiegend oder komplett in Europa stattgefunden. Die Nase ist sehr "schwer" und "dunkel". Teer, brauner Zucker, Marzipan, Laktritz, Kräuter wie Anis, Fenchel und eine leichte Grasigkeit. Schöne Kakaonote im Hintergrund. Dazu Vanille, Karamell und Rosinen. Gefällt mir bisher am besten. Im Mund zuerst Rosinen, Karamell, Leder/Tabak. Dann kommt wieder eine leichte Grasigkeit dazu, die ich jetzt in diesem Fall (Melasse) nicht erwartet hatte. Der Abgang ist mittel-lang und kräftig mit allem von oben. "Dreckig", süß mit Trockenfrüchten, herb mit Leder/Tabak/Kaffee und einer leichten Grasigkeit. 2-3 Tropfen Wasser bekommen dem sehr gut!
★★★★★★★★★ 7/10



Guadeloupe 16 Jahre 1998 (Bellevue/Damoiseau), Compagnie des Indes, 43%

Hier der 16-jährige Bruder von einem anderen unabhängigen Abfüller. Vermutlich das selbe oder ein ähnliches Melasse-Batch. In der Nase ist dieser hier etwas mehr auf der Gewürzseite (Anis, Fenchel, Zimt). Ansonsten sehr ähnlich. Im Mund und im Abgang mehr Süßholz-lastig und bitterer werdend. Für 43% recht voll und kräftig. Allerdings wären natürlich 46 oder 50% noch besser gewesen.
★★★★★★★★★ 7/10

Donnerstag, 11. April 2019

3 Armagnacs von der SMWS

Die "Scotch Malt Whisky Society" (SMWS) ist ein schottischer unabhängier Abfüller mit exklusivem Mitglieds-Model. Seit einiger Zeit werden dort auch Rum, Cognac und Armagnac als Einzelfässer abgefüllt. Drei solcher Armagnacs habe ich jetzt, dank einer FT eines SMWS-Mitglieds (Malternatives-Blog), in Sample-Form vorliegen.

A4.3 "A slice of Pastis Gaston" (Domaine d’Espérance) 2004/2017 13 Jahre, SMWS,  47.3%

Traubenart: Baco aus Bas-Armagnac. In der Nase viel Trauben-Aroma. Dazu Apfel, Orange, florale Noten, Mandeln und eine leichte Seifigkeit. Erinnert mich etwas an Fruchtgummis. Im Mund nimmt die Seifigkeit in Kombination mit einer kräftigen Bitterkeit zu. Sogar leicht prickelnd scharf. Kräuter kommen dazu und werden im Abgang stärker. Die Seifigkeit und Bitterkeit nimmt weiterhin zu. Nase war recht schön, aber im Mund nicht mein Fall!
★★★★★★★★★★ 4/10

A3.2 "Fruity pipe tobacco" (J. Goudoulin) 2000/2018 18 Jahre, SMWS,  46.7%

Baco/Ugni Blanc. Bas-Armagnac. Die Nase wirkt deutlich älter, was dieser Armagnac ja auch faktisch ist. Weniger fruchtig und floral (dennoch eine schöne Aprikose dabei). Mehr Leder und Tabak, Eiche und Nüsse. Der Titel scheint nicht willkürlich gewählt zu sein ;-) Im Mund das Gleiche wie in der Nase. Die (leicht bittere) Würzigkeit wird durch eine feine Süße ergänzt. Im mittel-langen Abgang kommen wieder sehr deutlich die Aprikosen ins Spiel. Zum Ende hin wird es trocken und würzig.
★★★★★★★★★★ 7/10

A5.4 "Toasted marshmallows" (Chateau de Laubade) 2001/2018(?), SMWS,  55.6%

Baco-Traube. Bas-Armagnac. Sehr "schwere" und "dunkle" Nase mit viel Eiche und Gewürzen (Zimt, Muskat?), Möbelpolitur, gerösteten Nüssen, Schokolade mit Orangen-/Kirschstückchen, Leder/Tabak. Erinnert mich stellenweise an wuchtige Demerara-Rums aus Guyana. Im Mund zu Beginn leicht erdig und grasig. Dann entwickelt sich eine kräftige (leicht süße) Schokoladennote. Dazu etwas Kirschen. Die Würzigkeit nimmt zu. Der Abgang beginnt feurig scharf und würzig. Nüsse, Kakao und Leder kommen hinzu. Eine leichte Süße bleibt.
★★★★★★★★★★ 7/10
Insgesamt habe ich bei diesen 3 Armagnacs mal wieder die Würzigkeit von (teils frischer) Französischer Eiche kennengelernt. Diese Art und Intensität der Würzigkeit findet man in ex-Bourbon-gelagerten Spirituosen nicht. Mir heute tedenziell einen Tick zu würzig und bitter.
Die Reihenfolge unter den 7-Punkten ist: A5.4 > A3.2.

Sonntag, 7. April 2019

4 Caroni-Rums aus 06/1997

Der Jahrgang 1997 ist (wohl) bei unabhängigen Abfüllern entweder aus Juni oder Dezember erhältlich. In diesem Post schaue ich mir 4 Exemplare aus dem Juni-Batch an, was unter Nerds als das "bessere" und extremere Batch aus 1997 angesehen wird.

Caroni 18 Jahre (06/1997 - 08/2015), A.D. Rattray, 46%

Eine absolut herrliche Nase für Schnüffler. Fahrradschläuche, angebranntes Gummi, Schmieröl-, Teer- und Tankstellen-Aromen. Dazu eine leicht nussige und fruchtige Süße. Nach etwas Schnüffeln bekomme ich seltsamer Weise Kräuternoten, die an Thymian oder Rosmarin erinnern. Im Mund zuerst weich und süßlich mit Rosinen. Dann treten deutliche Eichenwürze und Teer/Gummi-Noten auf. Insgesamt merkt man ihm die 46% aber leider etwas an beim Trinken. Der  mittel-lange Abgang beginnt mit bitterer Orangenschale und ist danach dominiert von Leder und Kaffee aus der Eiche. Deutliche, aber angenehme Bitterkeit. Auch leicht bittere Noten von angebrannten Gummi sind da. (Zumindest stelle ich mir den Geschmack von angebranntem Gummi so vor). Ein insgesamt sehr dreckiger Kandidat. Leider etwas Punktabzug wegen des etwas "wässrigen" Mundgefühls.

★★★★★★★★★ 8/10

Caroni 17 Jahre (06/1997 - 01/2015), A.D. Rattray, 63.6%

Die Nase ist zuerst bei voller Faßstärke recht verschlossen. Haselnüsse dominieren für mich. Kaum bis gar keine dreckigen Aromen. Nach einer Weile steigen dann aber schwere ölige Aromen von Benzin, Teer, Möbelpolitur und Gummi auf. Im Vergleich zum Vorgänger wenig bis keine Fruchtigkeit und die Aromen sind nicht so "luftig" und flüchtig, sondern "schwer". Nach einer Weile überwiegen die Gummi-Noten von Fahrradschläuchen. Eine herrlich dreckige Nase. Ich könnte mich noch zu ein paar Mandarinen oder Orangen im Hintergrund überreden lassen ;-) Im Mund voll und intensiv, ölig, cremig-süß. Dazu leichte Eichenwürze mit etwas Leder/Kaffee. Im langen und trockenen Abgang haben bittere Noten von Kaffe/Kakao/Leder die Oberhand. Auch geht die Gummi-Note wieder in eine leicht verbrannte über.
★★★★★★★ 10/10

Caroni 20 Jahre (06/1997 - 06/2017), A.D. Rattray, 63.2%

Auch hier ist die Nase anfangs verschlossen. Neben den Haselnüssen kommen auch etwas die dreckigen Caroni-Aromen durch. Nach etwa einer Stunde lüften mit etwas Wasser macht er auf. Die Nase ist gesetzt, dunkel und schwer. Haselnüsse, Rosinen, Schokolade, einer schweren Fruchtigkeit (Kirsche?), Möbelpolitur, Gummi, Teer und Benzin. Wieder absolut herrlich! Im Mund sehr ölig und süß. Schokolade, Rosinen, etwas Kirsche. Dazu starke Eichenwürze. Der lange Abgang beginnt mit Kirsch-Marzipan und wird dann wieder zunehmend trockener, würziger und bitterer mit Kaffe/Kakao/Leder.
★★★★★★★ 10/10

Caroni 20 Jahre (06/1997 - 07/2017), Blackadder "Raw Cask", 61%

Auch hier gilt das gleiche für die Nase bei voller Alkoholstärke. Mit etwas Wasser und einer halben Stunde Lüftung entfalten sich auch hier sehr schöne Aromen von Hasenüssen, Mandeln, Schokolade, etwas Kirsche, Trockenfrüchten, Möbelpolitur und den üblichen dreckigen wie Teer und Benzin. Sehr schönes, harmonisches Spiel zwischen "normalen" Aromen von altem Rum und den Caroni-typischen. Im Mund genau das Gleiche Spiel. Sehr voll und intensiv, zugleich süß/"fruchtig" und bitter/würzig. Ähnelt sehr stark dem 20-jährigen Vorgänger von A.D. Rattray, wobei dieser hier etwas bitterer und würziger ausfällt.
★★★★★★★ 9/10

Nachtrag

Ich hatte abends die Gläser nur kurz ausgeschwenkt mit Wasser, damit sie am nächsten Tag leichter zu spülen sind. Morgens hab ich dann nochmal an den (eigentlich fast sauberen) Gläsern gerochen und ich hätte blind immernoch auf Caroni getippt. Durch das Ausschwenken haben sich die Fuselöle (?) nicht von der Glaswand gelöst.

Donnerstag, 4. April 2019

Ein Sack voll Foursquare-Rums aus Barbados


Foursquare 17 Jahre, Whisky Warehouse, 46%

Einzelfaß eines deutschen unabhängigen Abfüllers. Vermutlich Vollreifung oder lange Teilreifung in Europa. Die Nase ist recht leicht mit Kokos, etwas Mandeln und Rosinen. Leichte Alkoholnote. Im Mund wird es etwas kräftiger mit einem angenehmen Mix aus Süße und Würze. Vanille, Karamell, leichte Fruchtigkeit und leicht bittere Eiche. Der kurz bis mittel-lange Abgang wird zunehmend trockener und bitterer. Insgesamt recht unspektakulär.
76 Punkte

Foursquare 2004, 11 Jahre ex-Bourbon, Original-Abfüllung, 59%

Hier haben wir es mit einem Mix aus Pot- und Column-Still zu tun mit 11 Jahren Reifung auf Barbados. Die Nase spielt in einer ganz anderen Liga als beim Vorgänger. Zum einen "klassische" Melasse-Rum-Aromen wie Vanille, Karamell, Kokos, tropische Früchte und Rosinen. Dazu aber noch eine gewisse Agricole-artigkeit mit erdigen und grasigen Noten. Im Hintergrund ist noch eine leichte Teer-Note, die ganz weit entfernt an Caroni erinnert. Sehr schöne und komplexe Nase. Im Mund breitet sich sofort eine intensive natürliche Süße aus mit Karamell, Rosinen und Lakritz. Dazu kommt eine schöne Eichenwürze. Der Abgang ist dann lang und wärmend mit etwas mehr von den dreckigen Aromen wie Teer. Sehr schöner Rum und für mittlerweile ca. 60-65€ immernoch ein super PLV.
84 Punkte

Foursquare 13 Jahre 2005/2018, Rasta Morris, 64.4%

Der Rum lag zuerst 11 Jahre lang auf Barbados, bevor er für die restlichen 1-2 Jahre in einem first-fill-Bourbon-Faß in Europa verbrachte. Die Nase wird zuerst von einer starken Klebstoffnote dominiert. Nach Zugabe von Wasser braucht der Rum etwas Zeit, damit der Kleber zum Großteil verschwindet. Etwas bleibt dennoch. Dann zeigt sich eine dunklere und schwerere Nase als beim 2004er. Viel Karamell, Waldhonig, Rosinen, Kokos und Sägespäne. Im Mund sehr intensiv und natürlich Süß mit Honig, Karamell, Eiche und einer leichten Nussigkeit. Der mittel-lange bis lange Abgang wird noch nussiger und bleibt angenehm süß und wärmend mit einer deutlichen Eichenwürze. Der 2004er hat mir besser gefallen, weil er komplexer und "frecher" war. Außerdem stört mich hier tatsächlich etwas die Klebstoffnote, die nicht vollständig verschwindet. Trotzdem ein guter Rum!
82 Punkte

Foursquare Triptych (2016), Original-Abfüllung mit Velier, 56%

Blend aus Foursquare Pot- und Column-Still-Rums, die in ex-Bourbon, ex-Madeira und neuen Eichenfässern lagen. Der Grundcharakter der Nase erinnert wieder mehr an den 2004er. Etwas mehr Eiche mit Möbelpolitur, was vermutlich an den teils frischen Fässern liegt. Dazu eine leicht bittere Nussigkeit. Im Mund ist der Unterschied zum 2004er dann größer. Süßer Nougat mit einer süß-säuerlichen Weinnote. Dazu eine leicht muffig-staubige Note wie Zeitschriften aus Umweltpapier. Der mittel-lange Abgang ist auf der süß-würzigen Seite. Ich hatte nur noch einen kleinen Sample-Rest übrig für diesen Post, von daher ist das hier mir Vorsicht zu genießen. Die beiden Vorgänger haben mir aber besser gefallen.
81 Punkte

Foursquare Principia (2017), Original-Abfüllung mit Velier, 62%

Blend aus Foursquare Pot- und Column-Still-Rums, die 3 Jahre in ex-Bourbon und anschließend 6 Jahre in ex-Sherry-Fässern lagen. In der Nase zeigt sich keine Sherry-Bombe. Richard Seale brennt die Sherry-Fässer wohl vor dem Befüllen nochmal aus. Dennoch merkt man den Sherry-Einfluss durch eine schöne Nussigkeit, Trockenfrüchte und Weihnachtsgewürze. Die Nase wirkt etwas "staubig" und muffig. Die Noten von Vanille, Karamell und Kokos sind hier eher zurückhaltend. Im Mund cremig, süß und intensiv mit Rosinen, Karamell, Nüssen und Weihnachtsgewürzen. Der Abgang bietet nichts neues und wird leicht ganz bitter am Ende. Nicht übermäßig komplex, aber lecker. Der Preis war/ist leider übertrieben mit 120-150€, aber das bewerte ich hier nicht.
82 Punkte

Foursquare Destino (2017), Original-Abfüllung mit Velier, 61%

Blend aus Foursquare Pot- und Column-Still-Rums, die 12 Jahre in ex-Madeira und anschließend 2 Jahre in ex-Bourbon-Fässern lagen. Quasi ein Bourbon-Finish ;-)
In der Nase habe ich eine volle Ladung Pflaumen mit Zimt, Möbelpolitur, Vanille und Karamell. Klietschiger und saftier Kuchen. Guter Anfang! Dahinter wieder etwas Teer. Im Mund geht das genauso weiter. Sehr intensiv, natürlich süß, pflaumig fruchtig und leicht nussig. Dazu etwas Leder und Tabak. Der Abgang ist wärmend und lang. Pflaumen, Zimt, Rosinen und Nüsse. Mhhhh!
88 Punkte

Montag, 1. April 2019

Einige High-Proof Bourbons

Wild Turkey Rare Breed

Alk. % vol: 58.4 | Abfüller: Original | Land: USA, Kentucky

Nase: Leder, Tabak, Karamell, Kirsche, Apfel, Vanille. Blechkuchen mit Mandeln. Irgendwas florales fliegt noch im Hintergrund rum. Keine Klebstoffnote.

Gaumen: Kraftvoll, leicht brennend. Hier stehen das Leder und der Tabak im Vordergrund. Die Süße ist eher zurückhaltend.

Abgang: Es wird etwas süßer. Etwas Kakao kommt dazu. Was bleibt ist wieder Leder und Tabak.

Kommentar: Eher ein anspruchsvoller Bourbon mit Ecken und Kanten.
86 Punkte

Elijah Craig Barrel Proof

Alk. % vol: 63.5 | Abfüller: Original (Heaven Hill) | Land: USA, Kentucky

Nase: Sehr nussig und ölig. Mandeln und Erdnüsse, Popcorn mit Butter. Cremige Karamellbonbons, etwas Kokos. Deutlich wuchtiger als der Rare Breed, wobei ich den Wild Turkey etwas spannender empfand. Hier aber auch keine Klebstoffnote.

Gaumen: Wieder cremig, ölig, mittel süß und sehr intensiv.

Abgang: Was soll ich sagen: cremig und süßlich. Am Ende leicht bitter werden mit Leder/Kaffee noten.

Kommentar: Die Erdnüsse und das buttrige Popcorn sind für mich etwas zu dominant.
83 Punkte

Knob Creek Single Barrel 9 Jahre

Alk. % vol: 60 | Abfüller: Original (Jim Beam) | Land: USA, Kentucky

Nase: Schokolade, Kirschen und Karamell. Dahinter Erdnüsse und Vanille. Eher wieder auf der cremigen Seite. Spürbarer Klebstoff.

Gaumen: Schokoladig süß. Karamell und Vanille satt.

Abgang: Wärmend süß. Kirschen kommen wieder mehr. Dazu Karamell und Schokolade.

Kommentar: Sehr schön. Gefällt mir besser als der Elijah Craig.
85 Punkte

Booker‘s (ca von 2013)

Alk. % vol: 63.7 | Abfüller: Original (Jim Beam) | Land: USA, Kentucky

Nase: Geröstete Nüsse, Kirschen, Äpfel, Zimt, Vanille, Karamell, Kakao. Eine perfekte Bourbon-Nase für mich!

Gaumen: Sehr intentiv. Fruchtig süß, Schokolade. Etwas Tabak-Würze.

Abgang: Mittel-lang bis lang mit Süße zuerst und hintenraus Kakao, etwas Tabak.

Kommentar: Ein sehr sehr guter, intensiver Power-Bourbon!
89 Punkte

Bakers 7 Jahre

Alk. % vol: 53.5 | Abfüller: Original (Jim Beam) | Land: USA, Kentucky

Nase: Vanille, Karamell, Nüsse, Aprikose. Etwas Schokolade. Etwas Zimt im Hintergrund.

Gaumen: Ölig, voll und süß mit allem aus der Nase.

Abgang: Süß, ölig mit etwas Würze, etwas Kakao. Mittel-lang bis lang.

Kommentar: Kurz und schmerzlos. Der ist auch richtig gut.
86 Punkte

Four Roses Single Barrel 78-20v WH 2E

Alk. % vol: 50 | Abfüller: Original | Land: USA, Kentucky

Nase: Mandeln, Vanille, Aprikose, Mango. Saftig, gelb und süß. Minimaler Klebstoff und Alkohol. Tendenz zu eher milder Nase.

Gaumen: Sehr klassisch. Süß mit Vanille und Karamell und gut würzig mit Eiche.

Abgang: Etwas Kleber, leicht bitter. Recht eichig mit Leder und Tabak.

Kommentar: Absolut solide, so richtig überzeugt er mich aber nicht.
80 Punkte

Four Roses Small Batch Barrel Strength (2016)

Alk. % vol: 55.6 | Abfüller: Original | Land: USA, Kentucky

Nase: Zuerst relativ viel Klebstoff, der nach ein paar Minuten aber komplett verschwindet. Danach viel Zimt, Vanille und Karamell. Etwas Röstaromen wie Kaffee und geröstete Nüsse. Sehr schön und voll.

Gaumen: Es geht süß und würzig weiter. Leder/Tabak werden deutlich.

Abgang: Pfeffrig und eher trocken und würzig mit den letzten beiden.

Kommentar: Dieser Bourbon gehört auch eher zu den würzigen als zu den süßen.
86 Punkte

Blanton‘s straight from the barrel

Alk. % vol: 63.65 | Abfüller: Original (Buffalo Trace) | Land: USA, Kentucky

Nase: Dieser hier braucht definitiv Wasser. 2cl vertragen hier locker einen guten 1/2 TL. Erst dann öffnet er sich für mich. Dann Äpfel, Vanille, Karamell und Zimt. Apple Pie!

Gaumen: Sehr intensiv. Pfeffer, Würze und Süße.

Abgang: Deutliche Eichenwürze mit Leder/Tabak/Kaffee. Etwas bitter und astringierend.

Kommentar: Ein klasse Bourbon, der aber auf jeden Fall Zeit und Wasser braucht, um sich voll zu entfalten.
85 Punkte

Blanton‘s Gold

Alk. % vol: 51.5 | Abfüller: Original (Buffalo Trace) | Land: USA, Kentucky

Nase: Wirkt milder und parfümierter. Florale noten, Orangenschale. Etwas Vanille, Karamell.

Gaumen: Mild. Gleicher Eindruck wie in der Nase. Etwas Nussigleit dazu.

Abgang: Floral, etwas würze. Mittel-lang Am Ende etwas bitter werdend.

Kommentar: Nicht so mein Fall. Die Kombination aus Milde und floralen Parfümnoten mag ich in einem Bourbon nicht.
79 Punkte


Bildquellen:
Label-Fotos (Wild Turkey, Elijah Craig, Booker's, Baker's, Four Roses und Blaton's Gold) mit freundlicher Genehmigung von www.whisky.de.